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Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) findet seine Grundlage in dem European Accessibility Act (EAA). Die EU-Richtlinie zielt dabei darauf ab, den Binnenmarkt für barrierefreie Produkte und Dienstleistungen zu harmonisieren und Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Dabei stehen vor allem die Barrierefreiheitsanforderungen für Dienstleistungen und Produkte im Fokus. Die neuen Anforderungen gelten nun auch im B2C.
Auf nationaler Ebene wurde die Richtlinie im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz umgesetzt. Diese wurde am 22. Juli 2021 verabschiedet und gilt ab dem 28. Juni 2025. Das Gesetz gilt dabei für alle Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen anbieten, darunter vor allem:
Dabei will das BFSG dafür sorgen, dass Unternehmen ihre digitalen Angebote barrierefrei gestalten. Das heißt, dass vor allem Webseiten angepasst werden müssen. Das BFSG gilt für alle Produkte und Dienstleistungen.
Neben technischen Zugänglichkeitsvoraussetzungen muss auch darauf geachtet werden, dass zwingende Informationen bereitgestellt werden.
Für den Bund und die Länder ist die Einhaltung des BFSG nichts Neues. Doch nun werden unter bestimmten Umständen auch Akteure in der Wirtschaft verpflichtet. Zunächst sind laut BFSG Webseiten von Wirtschaftsakteuren, die Verbraucherverträge ermöglichen betroffen. Also diejenigen, die mit Endkunden in Kontakt sind, B2C betreiben und mit denen sich Verträge anbahnen können. Unzweifelhaft sind Online-Shops, die der breiten Masse zugänglich sind, betroffen. Die genaue Betroffenheit ist schwer zu pauschalisieren. Dies muss im Einzelfall ermittelt werden. Generell kann man sagen:
Angebote von Wirtschaftsakteuren, die entweder zeitnah zu einem Verbrauchervertrag führen könnten oder zumindest darauf abzielen.
Dadurch, dass die Regelungen erst eingeführt werden, herrscht zur Zeit Rechtsunsicherheit. In vielen Fällen werden Gerichte entscheiden müssen.
Auch beim neuen BFSG gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Dies ist vor allem für Kleinstunternehmen sehr interessant. Webseitenbetreiber, die weniger als 10 Mitarbeiter, ein Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro haben und belegbare Härtefälle sind zunächst von der Regelung ausgenommen. Hierdurch soll eine wirtschaftliche Überbelastung vermieden werden.
Durch die Bestimmungen des BFSG soll es allen Menschen ermöglicht werden, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Um dies zu gewährleisten, soll ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden: und zwar gleichberechtigt und diskriminierungsfrei.
Dabei stehen vor allem Menschen mit Behinderungen, Einschränkungen oder auch ältere Menschen im Fokus.
Für 10 % der Menschen ist eine barrierefreie Webseite unerlässlich, für 30 % notwendig und für 100 % hilfreich, auch für den Webseitenbetreiber. Denn durch Anpassungen wird die Webseite nicht nur durch SEO präferiert, sondern auch die Zielgruppe vergrößert.
Die Barrierefreiheit setzt sich aus folgenden 4 Prinzipien zusammen:
Unter das Prinzip der Wahrnehmbarkeit fallen die Einbeziehung von Textalternativen, zeitgesteuerte Medien, die Anpassbarkeit und Unterscheidbarkeit.
Bei der Wahrnehmbarkeit müssen 2 Sinne angesprochen werden können. Oft sind dies Sehen und Hören.
Zur Bedienbarkeit zählen die Tastaturbedienbarkeit, ausreichend Zeit, die Vermeidung von Anfällen, die Unterstützung von Orientierung und Eingabemodalitäten.
Um eine einfache Bedienbarkeit zu gewährleisten, können Tab-Steuerungen durch Sprungmarken erweitert werden, genügend Zeit zum Ausfüllen von Dokumenten gegeben werden und im Fall von Fehlern von der Nutzerseite auf diese ausreichend und genau hingewiesen werden. Hierdurch soll die Vereinfachung von Korrekturen gefördert werden.
Bei der Verständlichkeit stehen Lesbarkeit, Vorhersehbarkeit und Hilfestellung bei der Eingabe im Fokus.
Oft können hier alternative, leichter zu verstehende Texte Abhilfe schaffen.
Die Robustheit zielt auf die Kompabilität ab. Das heißt, dass die Webseite plattformübergreifend funktionieren muss (Handy, Computer, Screenreader).
In der Theorie sollte eine Umstellung zügig gewährleistet werden können, um dem Interesse der breiten Masse gerecht zu werden. In der Praxis sorgt dies allerdings für Konfliktsituationen:
Oft stehen sich eine leichte Bedienbarkeit und gute Lesbarkeit für betroffene Menschen und der Wunsch des Unternehmens,die Webseite elegant und ansprechend zu gestalten, gegenüber.
Doch auch hier gibt es einige rechtliche Clues, mit denen Unternehmen sich nicht für das eine oder das andere entscheiden müssen: Das Angebot von Alternativen.
Viele Unternehmen haben eine „Markenfarbe“, einen konkreten Farbton, der sich durch das Unternehmen zieht: Von Logos, Lkws über Jacken der Mitarbeiter. Oftmals soll genau diese Farbe auch auf der Webseite präsent sein, etwa als gewählte Schriftfarbe oder Hintergrundton.
Um jedoch dem Standard des BFSG gerecht zu werden, müssen Farben zu ihrem Hintergrund einen gewissen Kontrast haben. Dieser wird genau berechnet.
Die Lösung: Man kann die Webseite in verschiedenen Designs anbieten. So kann die standardisierte Webseite noch immer im Unternehmerton erstrahlen, während Betroffene durch einen Klick beispielsweise eine Schwarz-Weiß Version aufrufen können, damit auch sie ohne Probleme den Inhalt der Texte lesen können.
So wird aus einem unkonformen Farbkontrast eine konforme Webseite – ohne Einbußen von Ästhetik.
Auch ist noch strittig, ob tatsächlich die ganze Webseite barrierefrei sein muss, oder nur der Teil, der den Vertragsabschluss zum Gegenstand hat. Diese Fragen werden wohl nach Inkrafttreten von Gerichten geklärt werden müssen. Auf der sicheren Seite ist man jedoch, wenn man eine abschließende Rechtskonformität anstrebt. Oft haben Inhalte der Webseiten Einfluss auf die Entscheidung, ob man einen Vertrag schließen will. Diese Informationen müssen auch betroffenen Menschen zugänglich gemacht werden, damit diese sich eine Meinung bilden können. Ansonsten würde hier eine klare Benachteiligung entstehen.
Nicht nur Suchmaschinen werden barrierefreie Webseiten bevorzugen, auch auf Endkunden hat dies eine positive Ausstrahlung. Denn die Anpassung der Webseite wird mehr und mehr zum Qualitätsmerkmal.
Um Sanktionen und Abmahnungen zu verhindern, müssen Unternehmer ihre Webseiten durchgängig aktualisieren und den Anforderungen anpassen. Es gibt keine Übergangszeiten.
Auch KI unterstützt bereits durch anwendbare Tools auf dem Weg zur Barrierefreiheit. Doch auch wenn diese Tools helfen können, sollte man sich nicht auf sie verlassen. Denn bislang gibt es keine geeignete KI-Unterstützung. Denn für die Programmierung einer barrierefreien Webseite sind spezifische Kenntnisse zu den Regelungen und der Umsetzung unerlässlich.
Trotzdem können automatisierte Tests bereits jetzt einen groben Überblick darüber verschaffen, wie sehr die Webseite bereits an betroffene Personen angepasst ist.
Dabei können AI-Tools vor allem dabei helfen, „leichte Sprache“ zu verwenden oder Alternativtexte und Untertitel zu erstellen.
Die WCAG hat 3 Stufen für die Konformität entwickelt:
A: Mindestmaß an Konformität
AA: Standard im mittleren Bereich und weitgehend rechtlich akzeptabel
AAA: höchste, optimale Stufe der Zugänglichkeit
Erreicht werden sollte dabei wenigstens ein Standard von AA.
Eine Barrierefreiheitserklärung muss grundsätzlich nur von öffentlichen Stellen erstellt werden. Private Unternehmen sind in Deutschland grundsätzlich nicht hierzu verpflichtet. Ausnahmen gelten, wenn sie durch Fördermittel oder Gesetze dazu verpflichtet werden. Auch können je nach Bundesland strengere Vorgaben herrschen.
Generell dient die Barrierefreiheitserkläung dazu, den Nutzer darüber zu informieren, wie zugänglich die jeweilige Webseite oder App mit Menschen mit Einschränkungen ist. Öffentliche Stellen müssen diese Erklärung bereitstellen und regelmäßig aktualisieren. Inhalt der Erklärung ist:
Zwar sind Unternehmen im privaten Sektor nicht verpflichtet, jedoch kann die Erstellung einer solchen Erklärung auch hier Vertrauen schaffen und eine digitale Inklusion fördern.
Auch in Anbetracht des EAA (European Accessibility Act), welcher ab dem 28. Juli 2025 in Kraft tritt, kann eine Barrierefreiheitserklärung auch für private Unternehmen interessant werden. Denn die betroffenen privaten Unternehmen müssen sicherstellen, das ihre Webseiten, Apps und digitale Angebote barrierefrei sind. Daher könnte auch die zugehörige Erklärung bald für sie verpflichtend werden.
Die Uhr tickt, denn im Juni 2025 müssen jegliche Webseiten, über die Produkte an den Endkunden vertrieben werden sollen, BFSG konform sein! Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft unter anderem Online-Shops, Banken, Telekommunikationsanbieter und Softwarehersteller. Verstöße können nicht nur teuer sein, sondern auch Wettbewerbsnachteile mit sich bringen.
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