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In Deutschland sind Unternehmer umsatzsteuerpflichtig. Wer ein Unternehmer ist, wird in § 2 Absatz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) definiert. Danach ist ein Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist dabei jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen unabhängig von der tatsächlichen Gewinnerzielungsabsicht. In der Theorie ist es also ganz einfach zu bestimmen, wer ein Unternehmer im Sinne des UStG ist und damit der Zahlung der Umsatzsteuer unterliegt. In der Praxis treten jedoch häufig Grenzfälle auf, die einer richterlichen Klärung bedürfen. So musste sich der Bundesfinanzhof (BFH) Anfang des Jahres mit der Frage der Unternehmereigenschaft bei planmäßigem An- und Verkauf im Internet (speziell: eBay) befassen (Urteil v. 12.5.2022, Az. V R 19/20).
Die Klägerin kaufte in einem Zeitraum von fünf Jahren eine beträchtliche Zahl an Gegenständen aus Haushaltsauflösungen. Diese bot sie in Form Versteigerungen auf der Internethandel-Plattform eBay zum Verkauf an. Insgesamt besaß die Klägerin vier Nutzerkonten zum eBay-Verkauf und verfügte über zwei extra dafür eröffnete Girokonten. In den betreffenden fünf Jahren (2009 bis 2013) verkaufte sie summa summarum auf 3.076 Auktionen die Waren über eBay. Damit erzielte die Klägerin Einnahmen in Höhe von ca. 380.000 Euro. Für die streitgegenständlichen Jahre gab sie unterdessen keine Steuererklärungen ab.
Das beklagte Finanzamt leitete eine Steuerfahndungsprüfung ein und erließ im Anschluss Einkommenssteuer- und Gewerbesteuermessbescheide, in denen die Betriebsausgaben und Vorsteuern in Höhe von 30 % der Einnahmen geschätzt wurden. Ferner setzte das Finanzamt in den Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2009 bis 2013 die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf die festgestellten Einnahmen fest, wobei es Vorsteuerbeträge nicht anerkannte. Die Klägerin setzte sich hiergegen zur Wehr, indem sie Einspruch bei der Behörde einlegte. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob sie schließlich Klage beim Finanzgericht Hessen. Das Verfahren ging jedoch noch weiter in die Revision beim BFH. Zentraler Problempunkt des Revisionsverfahrens war die Frage nach der Unternehmereigenschaft der Klägerin im Sinne von § 2 Absatz 1 UStG.
Bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft der Klägerin stützte der BFH sich auf die oben angesprochene Definition aus § 2 Absatz 1 UStG. In der Begründung wird ausgeführt, dass in dem speziellen Einzelfall die Anforderungen an die Norm erfüllt seien. Dies gelte insbesondere auch bezüglich der Nachhaltigkeit der Tätigkeit der Klägerin. Die Argumentation des Hessischen Finanzgerichts sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Man müsse also auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abstellen. Insbesondere müsse man also berücksichtigen, dass die Klägerin ihre Verkaufstätigkeit über viele Jahre hinweg nachhaltig ausgeübt habe, weil auch die Anzahl der Verkäufe von beträchtlichem Umfang war. Dieser außerordentliche Umfang der Tätigkeit weise zudem darauf hin, dass eine gewisse Betriebsorganisation erforderlich sei. Schließlich sei es notwendig, Verpackungsmaterial zu kaufen, Waren zu verpacken, Porto zu zahlen und Verkaufsbilder der angebotenen Waren zu fertigen. Bei Gesamtwürdigung all dieser wesentlichen Umstände habe das Finanzgericht Hessen zurecht eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen (hier: eBay) angenommen, die als nachhaltig im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG zu beurteilen ist. Der BFH stellte ferner klar, dass die Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit keinem Wahlrecht unterliegen. Es sei also irrelevant, ob die Klägerin einen privaten oder gewerblichen eBay-Zugang gewählt hat. Auch komme es nach § 2 Absatz 1 Satz 3 UStG nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin an.
Auch wenn die Unternehmenseigenschaft der Klägerin durch den BFH bestätigt wurde, ist die Sache mangels Feststellungen zur Differenzbesteuerung nach § 25a UStG noch nicht spruchreif. In seiner Zurückverweisung hat der BFH dem Hessischen Finanzgericht aufgegeben, diese Feststellungen nachzuholen. Denn die Klägerin sei umsatzsteuerrechtlich als Wiederverkäuferin einzuordnen und bei einem Wiederverkäufer, der gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert und an den diese Gegenstände geliefert wurden, ohne dass dafür Umsatzsteuer geschuldet wurden, werde der Umsatz nicht nach dem Verkaufspreis, sondern nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt. Da im Rahmen von privaten Haushaltsauflösungen keine Umsatzsteuern geschuldet werden, sei diese Regel auf die Klägerin anwendbar. In dem Fall, dass über die Einkäufe nichts aufgezeichnet wurde, seien im Rahmen der Differenzbesteuerung die Werte zu schätzen. Die Konsequenz der Differenzbesteuerung liegt in einer erheblichen Minderung des Steueranspruchs.
Das Steuerrecht ist in Deutschland Teil des öffentlichen Finanz- und Abgabenrechts und regelt die Festsetzung und Erhebung von Steuern. Möchte man eine grobe Unterteilung vornehmen, so gliedert sich das Steuerrecht in die Bereiche Einkommenssteuerrecht, Gewerbesteuerrecht, Körperschaftssteuerrecht, Umsatzsteuerrecht sowie das Steuerstrafrecht. Rechtlich relevant ist dabei insbesondere auch das Verhältnis zwischen den Trägern der Steuerhoheit und den Steuerpflichtigen. Auf der Seite der Steuerpflichtigen sind unsere kompetenten Rechtsanwälte unter anderem regelmäßig mit Steuerverwaltungsverfahren wie einem Einspruch gegen Steuerbescheide oder einer Klage gegen den Steuerbescheid vor einem Finanzgericht betraut.
Für Privatpersonen, die lediglich hobbymäßig Gegenstände an- und verkaufen kann es ein Schock sein, wenn das zuständige Finanzamt sie plötzlich als Unternehmer einstuft und entsprechend Steuerzahlungen verlangt. Klären Sie deshalb am besten mit einem fachlich versierten Anwalt ab, ob sich Ihre Tätigkeit im Internethandel noch unterhalb der Grenze zum Unternehmer befindet, oder ob Sie sich auf Umsatzsteuerbescheide einstellen müssen. Sollte sich der An- und Verkauf bereits in einem Maße ausgebreitet haben, dass Sie einen Bescheid vom Finanzamt bekommen haben, lohnt es sich oft, dagegen vorzugehen. Auch hier stehen wir gerne an Ihrer Seite. Zögern Sie nicht, uns noch heute zu kontaktieren.