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| Wettbewerbsrecht

Untersuchung gegen PayPal wegen Wettbewerbsverzerrung?


Bundeskartellamt eröffnet Untersuchung gegen PayPal

Der Zahlungsdienstanbieter PayPal steht im Visier vom Bundeskartellamt (BKartA). Am 23. Januar 2023 hat das BKartA offiziell ein Untersuchungsverfahren gegen PayPal gestartet. Die Anschuldigung ist, dass PayPal in seinen Nutzungsbedingungen Vorgaben macht, die es Händlern erschweren, alternative Online-Zahlungsmethoden attraktiver für ihre Kunden zu gestalten als die Nutzung von PayPal.

Fragwürdige Klausel

Eine Klausel des Zahlungsdienstanbieters, die das BKartA hinsichtlich des Wettbewerbs kritisch sieht, regelt, dass für die Nutzung der PayPal-Dienste keine Aufschläge oder Servicegebühren, höhere Versandkosten oder sonstige Gebühren im Vergleich zu einer anderen Zahlungsmethode berechnet werden dürfen. Mit dieser Klausel wird verhindert, dass Händler die Kosteneinsparungen, die sie durch die Verwendung anderer Zahlungsdienstleister erzielen, nicht an die Endkunden weitergeben können.

PayPal verlangt, dass PayPal in der Darstellung mit anderen Zahlungsdiensten gleichberechtigt behandelt wird. Insbesondere hinsichtlich der Konditionen, Bedingungen und Gebühren darf PayPal nicht anders behandelt werden.


Verschiedene Aspekte des Kartellrechts sind zu beachten

Das Kartellrecht ist sehr komplex und berührt verschiedene Aspekte, wenn es um wettbewerbswidriges Verhalten, Missbrauch von Marktmacht und Wettbewerbsverzerrung geht. Das BKartA untersucht die Anschuldigungen gegen PayPal in Bezug auf einen möglichen Missbrauch einer marktbeherrschenden oder relativ marktmächtigen Stellung sowie in Bezug auf das Verbot von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen.

Freistellung vom Kartellverbot

Bei dieser Prüfung vom BKartA muss beachtet werden, dass einige Vertragsklauseln von Unternehmen mit einem Marktanteil von bis zu 30 % vom Kartellverbot befreit sind. Dies wird in den Bestimmungen der Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung (Vertikal-GVO) geregelt.

Der Missbrauch von Marktmacht wird unabhängig von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen zwischen Unternehmen beurteilt. Dennoch können diese Klauseln in einem anderen wettbewerblichen Kontext als missbräuchlich angesehen werden. Mit anderen Worten, auch wenn bestimmte Handlungen nach den Regeln des Kartellrechts erlaubt sind, können sie dennoch als unzulässiger Missbrauch von Marktmacht betrachtet werden.

Marktanteil von PayPal ausschlaggebend

Für die rechtliche Einordnung ist also insbesondere der Marktanteil von PayPal wichtig. Laut einer Untersuchung des Marktforschungsunternehmens EHI Retail beträgt der Marktanteil von PayPal 28,2%. 

Wenn das Bundeskartellamt zu demselben Ergebnis kommt, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die laufende Kartellrechtsprüfung haben. Dies könnte darauf hindeuten, dass die  kritisierten Klauseln nicht gegen die Kartellgesetze verstoßen.

Das Bundeskartellamt, steht vor der Herausforderung, den Nachweis einer marktbeherrschenden Stellung von PayPal zu erbringen. Der BKartA hatte in einer früheren Entscheidung vom 17.12.2019 – Az. B6-86/19 bestimmt, dass ein wirksamer Wettbewerb nicht erheblich gefährdet wird, trotz einer verhältnismäßig starken Marktstellung von PayPal. Eine marktbeherrschende Stellung von PayPal konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht angenommen werden. Die Schwelle für eine beherrschende Stellung liegt laut dem Gesetz üblicherweise bei einem Marktanteil von 40% und dient als Referenzpunkt für die rechtliche Einordnung.

Könnte die relative Marktmacht von PayPal für die Kartellbehörde entscheidend sein?

Der Marktmissbrauch könnte vom BKartA am Ende durch den Begriff der „relativen Marktmacht“ von PayPal nach § 20 GWB nachgewiesen werden. Dazu müsste bewiesen werden, dass einige Unternehmen so stark von PayPal abhängig sind, dass sie keine realistischen Alternativen haben, die zu PayPal im Wettbewerb stehen.

Dies könnte davon abhängen, ob die Möglichkeit, PayPal zu nutzen, für Kunden entscheidend ist, wenn sie wählen, von welchem Online-Händler sie ein Produkt kaufen. Insbesondere könnte berücksichtigt werden, dass PayPal im B2C-Bereich auch die kostenlose Überweisungsfunktion PayPal-Friends anbietet, die nur funktioniert, wenn sowohl der Sender als auch der Empfänger ein PayPal-Konto haben.

Personen, die bereits ein PayPal-Konto haben, ziehen es deshalb wahrscheinlich vor, bei Händlern einzukaufen, die die PayPal-Zahlungsfunktion anbieten, anstatt ein paar Cent zu sparen, indem sie bei einem Wettbewerber einkaufen, für den sie einen Account bei einem anderen Zahlungsdienst wie Klarna oder Google Pay-Account erstellen müssten. Insoweit könnte das BKartA möglicherweise auf eine relative Marktmacht im Bereich der Online-Zahlungsabwicklung wegen eines Netzwerkeffekts schließen.

Marktmissbrauch muss vorliegen

Nachdem es dem Bundeskartellamt gelingen sollte die Marktmacht von PayPal zu beweisen, müssen die Klauseln von Paypal auch noch marktmissbräuchlich sein.

Keine unzulässige Bestpreisklausel eines Online-Vermittlungsdiensts

Das Vorliegen einer rechtswidrigen Bestpreisklausel eines Vermittlungsdiensts gem. Art. 5 Absatz 1 lit. d) Vertikal-GVO ist jedenfalls unwahrscheinlich. PayPal ist gerade kein Online-Vermittlungsdienst. Unter einem Online-Vermittlungsdienst fallen Websites wie Amazon oder eBay, die Dinge verkaufen. PayPal dient nur als Unterstützung bei diesen Angeboten das Geld zu verschicken und zu empfangen.

Außerdem hindert PayPal die Verkäufer nicht daran, Produkte auf anderen Websites günstiger anzubieten. Die kritisierten Klauseln, die das BKartA prüft, verbieten den Verkäufern stattdessen, ihre Produkte auf ihrer eigenen Website zu einem niedrigeren Preis anzubieten, wenn die Kunden eine andere Online-Zahlungsmethode als PayPal wählen.

Behinderung des Wettbewerbs aufgrund der Klausel von PayPal?

Aufgrund der Klausel von PayPal dürfen Online-Händler ihre Produkte unter Nutzung von anderen Zahlungsdiensten nicht preiswerter anbieten, wenn es günstigere Angebote von Konkurrenten von PayPal gibt. Darüber hinaus dürfen die Händler die Konkurrenten von PayPal nicht in ihrer Darstellung hervorheben, wodurch die Wettbewerber auch keine bessere Sichtbarkeit bei den Endkunden durch Marketingmaßnahmen erzielen können. Diese Klauseln könnten einen Marktmissbrauch darstellen.

Falls das BKartA zu dem Ergebnis kommt, dass die Nutzungsbedingungen von PayPal unzulässig sind, wäre dies ein Erfolg für die Behörde. Nicht nur in kartellrechtlichen Fragen würde dies Auswirkungen haben, sondern auch für den Schutz von Verbrauchern. Dann könnten Händler ihre Produkte zu günstigeren Preisen anbieten, wenn Kunden einen anderen Zahlungsdienst als PayPal verwenden.

Weitere Transparenz wird gefordert

Das BKartA arbeitet im Übrigen bereits daran die Transparenz für den Verbraucher weiter auszubauen. Es setzt sich dafür ein, das gesetzliche Verbot in der Europäischen Zahlungsdiensterichtlinie aufzuheben, das den Online-Händlern bisher untersagt, separate Gebühren für bestimmte Zahlungsmethoden zu erheben. Dadurch werden Transaktionskosten für den Kunden undurchsichtig, da er nicht erkennen kann, ob und in welchem Umfang ihm Transaktionskosten in Rechnung gestellt werden.

Wenn dies erfolgreich umgesetzt wird, könnten Verbraucher nicht nur die Preise und die Versandkosten sehen, vielmehr wären dann auch Transaktionskosten für die gewählte Zahlungsmethode sichtbar. Dadurch könnten die Transaktionsgebühren zu einem weiteren Bestandteil im Wettbewerb im Online-Handel werden.


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