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Unternehmen dürfen ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht einseitig abändern und Kunden dadurch benachteiligen. So lautet das Urteil des Berliner Kammergerichts (KG) in seiner aktuellen Entscheidung zu den Nutzungsbedingungen von PlayStation Plus. Hintergrund ist eine Klage der Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Sony Interactive Entertainment Europe, das in Europa für den Vertrieb der Abonnements zuständig ist.
Im Kern des Rechtsstreits standen zwei zentrale Vertragsklauseln: Eine Bestimmung zur Preisänderung, die Sony das Recht einräumte, Gebühren für das Abonnement nach eigenem Ermessen anzupassen, sowie eine Klausel, die es Sony erlaubte, die Anzahl und Verfügbarkeit der angebotenen Spiele ohne vorherige Ankündigung zu verändern.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte im Zuge dessen gegen Sony geklagt und die Unwirksamkeit der Vertragsklauseln geltend gemacht, die eine einseitige Anpassung des Leistungsumfangs und der Preisstruktur vorsahen. Nach Auffassung des vzbv verstießen diese Klauseln gegen zentrale verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Nicht das erste Mal, wie wir später noch sehen werden.
Das Gericht folgte in seinem Urteil der Argumentation des vzbv und stellte fest, dass beide Klauseln gegen wesentliche Vorschriften des deutschen Vertragsrechts verstoßen:
Auch die Möglichkeit zur Kündigung gleicht diese Unangemessenheit nicht aus. Verbraucher müssen entweder unvorhersehbare Änderungen akzeptieren oder aktiv kündigen, was sie unverhältnismäßig belastet. Zudem wird das unternehmerische Risiko einseitig auf sie abgewälzt, was rechtlich unzulässig ist.
Das Kammergericht untersagte Sony daher die weitere Verwendung dieser Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und verpflichtete das Unternehmen gemäß §5 UKlaG i.V.m. § 13 Abs. 3 UWG zur Zahlung von 242,99 EUR nebst Zinsen an den vzbv.
Eine Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
§ 307 Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam (Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
Schweigen auf Vertragsänderungen darf nicht automatisch als Zustimmung gewertet werden. Das hat der BGH im Postbank-Urteil (27. April 2021) klargestellt. Klauseln, die Kunden verpflichten, aktiv zu widersprechen, um nachteilige Änderungen zu verhindern, sind unwirksam. Der BGH sieht darin eine unangemessene Benachteiligung, da Unternehmen sich so einseitige Anpassungen ihrer Vertragsbedingungen oder Preise sichern.
Obwohl einseitige Änderungsklauseln im B2B-Bereich historisch verbreitet sind, macht sie das nicht zulässig. Ein langjähriger Handelsbrauch reicht nicht aus, um eine unangemessene Benachteiligung zu rechtfertigen. Das Postbank-Urteil hat daher grundsätzliche Bedeutung über den Bankensektor hinaus.
Das Grundprinzip des Vertragsrechts lautet, dass Verträge nur einvernehmlich geändert werden können. Einseitige Änderungsklauseln stellen daher immer einen Eingriff in die Vertragsfreiheit dar. Der BGH verlangt in ständiger Rechtsprechung, dass sachliche und transparente Gründe für Vertragsänderungen vorliegen müssen – unabhängig davon, ob es sich um Verbraucher- oder Unternehmensverträge handelt.
Diese Problematik zeigt sich auch im Sony-Urteil. Dort fehlten transparente Kriterien für Preiserhöhungen und Verbraucher konnten Änderungen nicht nachvollziehen. Beide Urteile unterstreichen, dass Vertragsklauseln, die einseitige Änderungen ermöglichen, nicht grenzenlos zulässig sind – weder für Verbraucher noch im Geschäftsverkehr.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte Sony bereits im Jahr 2018 des Playstation Network wegen verschiedener Klauseln in den AGB abgemahnt. Nach eingehender rechtlicher Prüfung kam sie zu dem Ergebnis, dass mehrere Bestimmungen nicht mit den gesetzlichen Verbraucherschutzvorschriften vereinbar waren und Nutzer unangemessen benachteiligten.
Ein wesentlicher Kritikpunkt war der Umgang mit Guthaben auf PSN-Konten. Laut den AGB verfiel nicht genutztes Guthaben nach 24 Monaten ersatzlos. Eine solche Befristung widersprach den gesetzlichen Vorgaben für vorausbezahlte Beträge und stellte eine unzulässige Benachteiligung der Verbraucher dar. Ebenso bemängelte die Verbraucherzentrale die Regelung, wonach Eltern und Erziehungsberechtigte uneingeschränkt für sämtliche Kosten haftbar gemacht wurden, die durch minderjährige Nutzer entstanden – unabhängig davon, ob sie dem Kauf zugestimmt oder ihre Aufsichtspflicht verletzt hatten.
Zusätzlich stand der Ausschluss des gesetzlichen Widerrufsrechts bei digitalen Käufen in der Kritik. Kunden wurden nicht ausdrücklich darauf hingewiesen oder zur Zustimmung aufgefordert, dass ihr Widerrufsrecht mit dem Kauf entfällt. Dies verstieß gegen die gesetzlichen Anforderungen an Online-Transaktionen und führte dazu, dass Verbraucher ihr Recht auf eine nachträgliche Rückabwicklung der Käufe verloren, ohne zuvor ausreichend darüber informiert worden zu sein.
Die Verbraucherzentrale forderte die Anpassung der beanstandeten Klauseln und stellte klar, dass sie notfalls auch gerichtliche Schritte einleiten würde.
AGB unwirksam – Kürzung der Verjährungsfrist nicht möglich
Das Kammergericht Berlin hat zuvor bereits die Preisanpassungsklauseln von Spotify und Netflix für unwirksam erklärt. Die Streamingdienste hatten sich das Recht vorbehalten, Preise ohne Zustimmung der Kund:innen zu erhöhen. Dies verstößt gegen die Rechtsprechung, die klare und faire Regeln für Vertragsänderungen fordert.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen die Klauseln geklagt, da sie Verbraucher:innen unangemessen benachteiligen. Spotify rechtfertigte Preiserhöhungen mit gestiegenen Gesamtkosten für Streamingdienste, berücksichtigte jedoch keine Kostensenkungen. Das Gericht entschied, dass eine solche einseitige Kostenabwälzung unzulässig ist. Auch Netflix wollte Preise „nach billigem Ermessen“ anpassen, ohne klare Kriterien für Preiserhöhungen festzulegen. Auch DAZN muss sich vor Gericht wegen einer ähnlichen Vertragsgestaltung verantworten.
Das Kündigungsrecht als Ausgleich ließ das Gericht nicht gelten. Kund:innen hätten oft kein Interesse an einem Wechsel, da gespeicherte Inhalte und persönliche Einstellungen verloren gehen könnten. Streamingdienste dürften nicht darauf setzen, dass Verbraucher:innen trotz unfairer Preisänderungen bleiben.
Urteil mit Signalwirkung
Das Kammergericht betonte, dass Netflix und Spotify ohne großen Aufwand eine Zustimmung der Kund:innen einholen könnten. Einseitige Preiserhöhungen ohne Transparenz seien nicht mit geltendem Recht vereinbar. Da es sich um ein aktuelles Berufungsurteil handelt, hat die Entscheidung besondere Tragweite. Sollte sie rechtskräftig werden, könnte sie das Ende einseitiger Preisänderungen durch Streaminganbieter in Deutschland bedeuten.
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