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Urteil: Änderungsklauseln von Sony sind unwirksam


Beschluss in Berlin: Änderungsklauseln von Sony unwirksam

Unternehmen dürfen ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht einseitig abändern und Kunden dadurch benachteiligen. So lautet das Urteil des Berliner Kammergerichts (KG) in seiner aktuellen Entscheidung zu den Nutzungsbedingungen von PlayStation Plus. Hintergrund ist eine Klage der Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Sony Interactive Entertainment Europe, das in Europa für den Vertrieb der Abonnements zuständig ist.

Zwei Vertragsklauseln unter der Lupe

Im Kern des Rechtsstreits standen zwei zentrale Vertragsklauseln: Eine Bestimmung zur Preisänderung, die Sony das Recht einräumte, Gebühren für das Abonnement nach eigenem Ermessen anzupassen, sowie eine Klausel, die es Sony erlaubte, die Anzahl und Verfügbarkeit der angebotenen Spiele ohne vorherige Ankündigung zu verändern.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte im Zuge dessen gegen Sony geklagt und die Unwirksamkeit der Vertragsklauseln geltend gemacht, die eine einseitige Anpassung des Leistungsumfangs und der Preisstruktur vorsahen. Nach Auffassung des vzbv verstießen diese Klauseln gegen zentrale verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Nicht das erste Mal, wie wir später noch sehen werden.

Rechtliche Bewertung und Entscheidung des Gerichts

Das Gericht folgte in seinem Urteil der Argumentation des vzbv und stellte fest, dass beide Klauseln gegen wesentliche Vorschriften des deutschen Vertragsrechts verstoßen:

  • Die Preisanpassungsklausel sei nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie den Vertragspartner unangemessen benachteilige. Eine einseitige Preiserhöhung ohne nachvollziehbare Kriterien und ohne effektive Kontrollmöglichkeit durch den Verbraucher sei nicht mit den Grundsätzen des Vertragsrechts vereinbar. Sie basiert auf nicht überprüfbaren Kosten, was einen unkontrollierbaren Erhöhungsspielraum schafft. Zudem fehlt die notwendige Transparenz, sodass Verbraucher weder die Berechnungsgrundlage nachvollziehen noch zukünftige Preisänderungen abschätzen können. Dadurch wird das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags einseitig zulasten der Kunden verschoben, was eine unangemessene Benachteiligung darstellt.
  • Die Klausel zur Leistungsänderung wurde ebenfalls für unzulässig erklärt, da sie Sony das uneingeschränkte Recht einräumte, wesentliche Vertragsbestandteile zu verändern. Nach § 308 Nr. 4 BGB ist eine solche Änderung nur dann zulässig, wenn sie für den Verbraucher zumutbar ist und ausdrücklich begründet wird. Leistungen ohne Vorankündigung und ohne klare Kriterien zu ändern oder zu streichen, führt zu unkalkulierbaren Vertragsbedingungen und verschiebt gleichermaßen das vertragliche Gleichgewicht zulasten der Verbraucher.

Auch die Möglichkeit zur Kündigung gleicht diese Unangemessenheit nicht aus. Verbraucher müssen entweder unvorhersehbare Änderungen akzeptieren oder aktiv kündigen, was sie unverhältnismäßig belastet. Zudem wird das unternehmerische Risiko einseitig auf sie abgewälzt, was rechtlich unzulässig ist.

Das Kammergericht untersagte Sony daher die weitere Verwendung dieser Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und verpflichtete das Unternehmen gemäß §5 UKlaG i.V.m. § 13 Abs. 3 UWG zur Zahlung von 242,99 EUR nebst Zinsen an den vzbv.

Eine Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 307 Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam (Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;


Prestige-Urteil: Postbank

Schweigen auf Vertragsänderungen darf nicht automatisch als Zustimmung gewertet werden. Das hat der BGH im Postbank-Urteil (27. April 2021) klargestellt. Klauseln, die Kunden verpflichten, aktiv zu widersprechen, um nachteilige Änderungen zu verhindern, sind unwirksam. Der BGH sieht darin eine unangemessene Benachteiligung, da Unternehmen sich so einseitige Anpassungen ihrer Vertragsbedingungen oder Preise sichern.

Obwohl einseitige Änderungsklauseln im B2B-Bereich historisch verbreitet sind, macht sie das nicht zulässig. Ein langjähriger Handelsbrauch reicht nicht aus, um eine unangemessene Benachteiligung zu rechtfertigen. Das Postbank-Urteil hat daher grundsätzliche Bedeutung über den Bankensektor hinaus.

Einseitige Änderungsklauseln stellen einen Eingriff in die Vertragsfreiheit dar

Das Grundprinzip des Vertragsrechts lautet, dass Verträge nur einvernehmlich geändert werden können. Einseitige Änderungsklauseln stellen daher immer einen Eingriff in die Vertragsfreiheit dar. Der BGH verlangt in ständiger Rechtsprechung, dass sachliche und transparente Gründe für Vertragsänderungen vorliegen müssen – unabhängig davon, ob es sich um Verbraucher- oder Unternehmensverträge handelt.

Diese Problematik zeigt sich auch im Sony-Urteil. Dort fehlten transparente Kriterien für Preiserhöhungen und Verbraucher konnten Änderungen nicht nachvollziehen. Beide Urteile unterstreichen, dass Vertragsklauseln, die einseitige Änderungen ermöglichen, nicht grenzenlos zulässig sind – weder für Verbraucher noch im Geschäftsverkehr.

Frühere Abmahnung der Verbraucherzentrale

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte Sony bereits im Jahr 2018 des Playstation Network wegen verschiedener Klauseln in den AGB abgemahnt. Nach eingehender rechtlicher Prüfung kam sie zu dem Ergebnis, dass mehrere Bestimmungen nicht mit den gesetzlichen Verbraucherschutzvorschriften vereinbar waren und Nutzer unangemessen benachteiligten.

Ein wesentlicher Kritikpunkt war der Umgang mit Guthaben auf PSN-Konten. Laut den AGB verfiel nicht genutztes Guthaben nach 24 Monaten ersatzlos. Eine solche Befristung widersprach den gesetzlichen Vorgaben für vorausbezahlte Beträge und stellte eine unzulässige Benachteiligung der Verbraucher dar. Ebenso bemängelte die Verbraucherzentrale die Regelung, wonach Eltern und Erziehungsberechtigte uneingeschränkt für sämtliche Kosten haftbar gemacht wurden, die durch minderjährige Nutzer entstanden – unabhängig davon, ob sie dem Kauf zugestimmt oder ihre Aufsichtspflicht verletzt hatten.

Zusätzlich stand der Ausschluss des gesetzlichen Widerrufsrechts bei digitalen Käufen in der Kritik. Kunden wurden nicht ausdrücklich darauf hingewiesen oder zur Zustimmung aufgefordert, dass ihr Widerrufsrecht mit dem Kauf entfällt. Dies verstieß gegen die gesetzlichen Anforderungen an Online-Transaktionen und führte dazu, dass Verbraucher ihr Recht auf eine nachträgliche Rückabwicklung der Käufe verloren, ohne zuvor ausreichend darüber informiert worden zu sein.

Die Verbraucherzentrale forderte die Anpassung der beanstandeten Klauseln und stellte klar, dass sie notfalls auch gerichtliche Schritte einleiten würde.


Auch Spotify und Netflix im Fokus

Das Kammergericht Berlin hat zuvor bereits die Preisanpassungsklauseln von Spotify und Netflix für unwirksam erklärt. Die Streamingdienste hatten sich das Recht vorbehalten, Preise ohne Zustimmung der Kund:innen zu erhöhen. Dies verstößt gegen die Rechtsprechung, die klare und faire Regeln für Vertragsänderungen fordert.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen die Klauseln geklagt, da sie Verbraucher:innen unangemessen benachteiligen. Spotify rechtfertigte Preiserhöhungen mit gestiegenen Gesamtkosten für Streamingdienste, berücksichtigte jedoch keine Kostensenkungen. Das Gericht entschied, dass eine solche einseitige Kostenabwälzung unzulässig ist. Auch Netflix wollte Preise „nach billigem Ermessen“ anpassen, ohne klare Kriterien für Preiserhöhungen festzulegen. Auch DAZN muss sich vor Gericht wegen einer ähnlichen Vertragsgestaltung verantworten.

Das Kündigungsrecht als Ausgleich ließ das Gericht nicht gelten. Kund:innen hätten oft kein Interesse an einem Wechsel, da gespeicherte Inhalte und persönliche Einstellungen verloren gehen könnten. Streamingdienste dürften nicht darauf setzen, dass Verbraucher:innen trotz unfairer Preisänderungen bleiben.

Urteil mit Signalwirkung

Das Kammergericht betonte, dass Netflix und Spotify ohne großen Aufwand eine Zustimmung der Kund:innen einholen könnten. Einseitige Preiserhöhungen ohne Transparenz seien nicht mit geltendem Recht vereinbar. Da es sich um ein aktuelles Berufungsurteil handelt, hat die Entscheidung besondere Tragweite. Sollte sie rechtskräftig werden, könnte sie das Ende einseitiger Preisänderungen durch Streaminganbieter in Deutschland bedeuten.


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