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| Wettbewerbsrecht

Zugang zu wichtigen Inhalten beim Copy-Trading


Im Februar befasste sich das Landgericht Hamburg mit der Frage, ob es sich um unlauteren Wettbewerb im Sinne des § 5a UWG handelt, wenn wesentliche Informationen beim Copy-Trading nur registrierten Nutzern zur Verfügung stehen. Insbesondere der vorliegende Fall ist aufgrund der erscheinenden Fehlermeldung, beim Aufrufen der Statistiken von nicht angemeldeten Usern brisant.

Der Sachverhalt

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. klagte gegen die „The Maga Group AG“, ein Unternehmen, das im Bereich der Finanzdienstleistungen aktiv ist. Die Beklagte betreibt eine Plattform, auf der Verbraucher die Anlagestrategien Dritter kopieren können, was als „Autokopieren“ oder „Copy-Trading“ bezeichnet wird.

Im Wesentlichen beanstandete die Verbraucherzentrale, dass die Beklagte wesentliche Informationen zu den Trading-Strategien Dritter unter dem Reiter „Stats“ zurückgehalten hatte. Die Informationen seien nur für registrierte Nutzer einsehbar, was für nicht registrierte Nutzer nicht klar ersichtlich sei. Stattdessen erscheine eine Fehlermeldung, die suggeriere, dass ein technisches Problem vorliegt. Zuvor hatte die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben, in der sie sich verpflichtete, eine irreführende Darstellung dieser Art zu unterlassen. Dennoch blieb die beanstandete Fehlermeldung bestehen, sodass die Verbraucherzentrale Klage erhob.


Was versteht man unter „Stats“?

„Stats“ steht für Statistiken. Unter dem Reiter sind wichtige Informationen zu Handelsstrategien zu finden, die dazu dienen, Anlegern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu verschaffen. „Stats“ umfassen wesentliche Kennzahlen wie Performance-Daten, Gewinn- und Verluststatistiken, Risikoprofile, historische Handelsverläufe sowie die Anzahl der Follower einer Strategie. Die Werte lassen eine objektive Bewertung der Erfolgschancen und Risiken verschiedener Anlagestrategien zu und sollten daher jedermann zur Verfügung stehen, der über eine Anlage oder ein Investment nachdenkt.



Klageanträge der Verbraucherzentrale

Die Verbraucherzentrale als Klägerin forderte folgende Punkte:

  • Die Beklagte soll es unterlassen, Verbrauchern den Zugang zu wesentlichen Informationen zu verwehren oder eine Fehlermeldung vorzutäuschen.
  • Ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft für den Geschäftsführer der Beklagten für den Fall der Zuwiderhandlung.
  • Zahlung von 6.000 Euro Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung.
  • Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 243,51 Euro sowie Zinsen.

Hingegen beantragte die Beklagte, die Klage abzuweisen, da:

  • Die Unterlassungsverpflichtung zu unbestimmt sei.
  • Keine wesentlichen Informationen vorenthalten würden.
  • Die beanstandete Webseite von einem anderen Unternehmen betrieben werde.

Die Entscheidung des Landgerichtes Hamburg

Das Landgericht Hamburg entschied in wesentlichen Punkten zugunsten der Verbraucherzentrale und stellte fest, dass das Verhalten der Beklagten gegen das Wettbewerbsrecht verstößt.

Die Beklagte wurde verpflichtet, sicherzustellen, dass wesentliche Informationen über die Anlagestrategien nicht unzulässigerweise nur registrierten Nutzern vorbehalten bleiben. Insbesondere wurde die Verwendung einer irreführenden Fehlermeldung untersagt, die fälschlicherweise den Eindruck eines technischen Problems erweckte und Verbraucher dazu veranlassen konnte, den Kundendienst zu kontaktieren. Das Gericht wertete dies als irreführende geschäftliche Handlung und damit als unlautere Praxis gemäß § 5a UWG.


§ 5a UWG – Volltext

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
§ 5a Irreführung durch Unterlassen

(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, 

  1. die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
  2. deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Als Vorenthalten gilt auch 

1.das Verheimlichen wesentlicher Informationen,

2.die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise sowie

3.die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.

(3) Bei der Beurteilung, ob wesentliche Informationen vorenthalten wurden, sind zu berücksichtigen: 

1.räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel sowie

2.alle Maßnahmen des Unternehmers, um dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer die Informationen auf andere Weise als durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen.

(4) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.


Darüber hinaus wurde die zuvor abgegebene Unterlassungserklärung als rechtlich wirksam anerkannt. Die Beklagte hatte sich bereits verpflichtet, entsprechende Fehlermeldungen zu unterlassen – einschließlich kerngleicher Verstöße. Auch die englischsprachige Version der beanstandeten Meldung fiel unter diese Verpflichtung.

Bezüglich der von der Verbraucherzentrale geforderten Vertragsstrafe in Höhe von 6.000 Euro entschied das Gericht, dass dieser Betrag überhöht sei. Da keine vorsätzliche Umgehung der Unterlassungspflicht nachgewiesen werden konnte, jedoch grob fahrlässiges Verhalten vorlag, wurde die Strafe auf 4.000 Euro herabgesetzt.

Zusätzlich wurde die Beklagte zur Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 243,51 Euro verpflichtet. Für sämtliche Zahlungen wurden Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz angeordnet.

Die Kosten des Rechtsstreits, basierend auf einem Streitwert von 31.000 Euro, wurden vollständig der Beklagten auferlegt. Zudem erklärte das Gericht das Urteil für vorläufig vollstreckbar, wobei für bestimmte Teile der Entscheidung eine Sicherheitsleistung erforderlich ist.

Woran orientierte sich das Landesgericht in seinem Urteil?

Das Gericht sah in der Vorgehensweise der Beklagten eine bewusste Irreführung von Verbrauchern. Nicht registrierte Nutzer hatten keinen Zugang zu den relevanten Statistiken im Reiter „Stats“, ohne dass dies eindeutig kommuniziert wurde. Statt einer klaren Mitteilung, dass diese Daten nur registrierten Nutzern zugänglich sind, wurde eine Fehlermeldung angezeigt, die den Eindruck eines technischen Problems erweckte. Dies führte dazu, dass Nutzer fälschlicherweise davon ausgingen, es liege ein Fehler vor, anstatt zu erkennen, dass eine Registrierung erforderlich sei.

Durch die Darstellung wurden Verbraucher potenziell dazu verleitet, sich allein aufgrund der vermeintlichen technischen Störung zu registrieren oder den Kundendienst zu kontaktieren. Eine geschäftliche Entscheidung, die auf falschen Voraussetzungen beruhte. Das Gericht bewertete diese Praxis als unlauteren Wettbewerb und stellte klar, dass das gezielte Verbergen wesentlicher Informationen eine unzulässige geschäftliche Handlung darstellt.

Wettbewerbsrechtliche Bedeutung des Urteils

Das Urteil hat eine grundlegende wettbewerbsrechtliche Relevanz, insbesondere für Unternehmen im Finanz- und Anlagebereich. Es setzt klare Maßstäbe für die Transparenz von Informationen und unzulässige Werbepraktiken.

  • Irreführende Werbung durch Informationsvorenthaltung ist gemäß § 5a UWG untersagt. Unternehmen dürfen Verbrauchern keine wesentlichen Informationen vorenthalten oder deren Nichtverfügbarkeit durch Fehlermeldungen verschleiern.
  • Täuschung durch technische Fehlermeldungen stellt eine unzulässige geschäftliche Praxis dar. Unternehmen dürfen nicht suggerieren, dass ein technisches Problem vorliegt, wenn der eingeschränkte Zugang eine bewusste Geschäftsentscheidung ist.
  • Vertragsstrafen müssen der Billigkeit entsprechen und gerichtlich überprüft werden. Eine überhöhte Festsetzung ist nicht zulässig, selbst wenn das Unternehmen finanzstark ist.
  • Einmal abgegebene Unterlassungserklärungen sind bindend – auch für kerngleiche Verstöße. Unternehmen können sich nicht durch sprachliche oder formale Änderungen einer Verpflichtung entziehen.

Das Urteil stärkt die Position von Verbraucherschutzverbänden im Kampf gegen unlautere Geschäftspraktiken und zeigt, dass fehlende Transparenz und Täuschung im digitalen Finanzmarkt nicht geduldet werden.


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