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Sekt, Champagner und Prosecco Spumante gehören zu den sogenannten Schaumweinen. Diese kennzeichnet, dass sie unter Druck stehen – und zwar aufgrund ihres Kohlenstoffdioxidgehalts, welcher unter anderem durch eine „zweite Gärung“ erreicht wird. Hierbei wird dem Grundwein Zucker und Hefe (und ggf. Likör) zugesetzt. So hatte es auch eine große deutsche Weinkellerei gemacht: Sie verarbeitete italienischen Wein mittels zweiter Gärung zu Prosecco und verkaufte diesen dann als „Italian Rosé“ und „Product of Italy“. So weit, so gut. Aber: Die zweite Gärung fand gar nicht in Italien statt – sondern in Spanien. Ist die Bewerbung des Schaumweines als „Product auf Italy“ dann unrechtmäßig? Ja, meinte ein konkurrierende Weinherstellerin. Sie legte Beschwerde ein. Denn: Sie befand es als irreführend und damit wettbewerbswidrig, dass der Prosecco als aus Italien stammend beworben wird, obwohl die zweite Gärung ja doch gar nicht dort, sondern eben in Spanien stattfindet.
Mit Beschluss vom 03. August 2020 hatte bereits das Landgericht (LG) Wiesbaden im Eilverfahren die Unterlassungsansprüche der Antragstellerin zurückgewiesen (Az. 12 O 1514/20). Daraufhin legte diese sofortige Beschwerde bei der nächsten Instanz, dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main, ein. Doch auch die dortigen Richter wiesen den Antrag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zurück: Es sei völlig in Ordnung, dass das Produkt als „Italian Rosé“ gelabelt wird. Entscheidend sei nämlich nicht, dass der letzte Verarbeitungsschritt in Spanien stattfindet, sondern dass der Grundwein aus Italien stammt – und eben das ist beim streitgegenständlichen „Italian Rosé“ auch der Fall: Die Trauben werden in Italien geerntet und auch dort (in Italien) zum Grundwein verarbeitet, bevor dieser dann erst nach Spanien geht (Beschluss vom 11.09.2020, Az. 6 W 95/20).
Artikel 55, Absatz 1 der VO (EU) 2019/33 besagt: Auf jedem Wein, der in der EU erzeugt oder verkauft wird, muss dessen Herkunft angegeben werden – und zwar durch Formulierungen wie „Wein aus“, „erzeugt in“, „Erzeugnis aus“ oder entsprechende andere Begriffe, ergänzt durch den Namen des Landes, in welchem die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet worden sind.
In Satz 2 heißt es weiter: Bei Weinbauerzeugnissen wie Champagner, Sekt oder Prosecco, die eben nicht durch eine Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe geschützt sind, kann auch das Land, in dem die zweite Gärung stattgefunden hat, als Herkunftsangabe verwendet werden.
Die Richter orientierten sich an Artikel 45, Absatz 1 der VO (EU) 2019/33. Dieser regelt die Herkunftsangabe von Wein gemäß der Traubenernte und Verarbeitung des Weins.
So befand das OLG in Bezug auf den vorliegenden Fall des „Italian Rosé“: Mit dem Verordnungstext „zu Wein verarbeitet“ sei nicht das Endprodukt (der Schaumwein), sondern lediglich der Grundwein gemeint. Und da dieser ja beim streitgegenständlichen Prosseco tatsächlich aus Italien stammt, verstoße dessen Vermarktung als „Product of Italy“ auch nicht gegen genannte EU-Verordnung. Denn dass die zweite Gärung in Spanien stattfindet, ändere nichts daran, dass die vorangegangene Traubenernte und Verarbeitung zu Wein ganz im Sinne von Artikel 45, Absatz 1 der VO (EU) 2019/33 passiert – nämlich in Italien.
Nach Ansicht des OLG habe die EU mit dieser Verordnung auch nicht bezwecken wollen, dass Schaumwein nur dann als Produkt aus Italien bezeichnet werden darf, wenn dort auch der Schaumwein hergestellt worden ist und nicht nur die Traubenernte und deren Verarbeitung zum Grundwein dort stattgefunden hat. So biete die EU-Verordnung zur Herkunftsangabe von Wein beim Schaumwein vielmehr die Möglichkeit, an verschiedene Herstellungsprozesse anzuknüpfen. Soll heißen: Beim Schaumwein, dessen Herstellung über zwei verschiedene Länder geht (hier: Italien und Spanien), könne man sich zur Herkunftsangabe sogar eines der beiden Länder aussuchen.
Der streitgegenständliche Prosecco kann also als „Product of Spain“ beworben werden, da der letzte Teil des Herstellungsprozesses, nämlich die zweite Gärung, dort gemacht wird. Er kann bzw. darf aber auch so, wie es geschehen war, mit dem Aufdruck „Italian Rosé“ und „Product of Italy“ versehen werden. Das sei nicht irreführend und somit nicht wettbewerbswidrig, da ja der erste Teil des Herstellungsprozesses (die Traubenernte und ihre Verarbeitung zu Wein) auch wirklich in Italien stattfindet.
Der gemeinsame Binnenmarkt der Europäische Union geht mit gemeinsamen Regeln zur Gestaltung dieses Binnenmarktes einher – so wie im vorliegenden Fall die Regelungen zur Herkunftsangabe von Wein, der in der EU erzeugt oder verkauft wird. Dass die EU-Verordnungen mit nationalem Recht zusammentreffen, ist dabei keine Seltenheit. So argumentierte hier die Antragstellerin mit §5 des „Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb“ (UWG), der es untersagt, irreführende geschäftliche Handlungen vorzunehmen. Die Richter am OLG Frankfurt sahen gemäß EU-Verordnung aber keine Irreführung in der Vermarktung des streitgegenständlichen „Italian Rosé“-Prosecco.
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