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Schimmel an der Decke, Mäuse in der Küche – und bald online. Nach gravierenden Hygienefunden kündigte die prüfende Behörde die Veröffentlichung auf dem hessischen Verbraucherportal nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) an. Die Event- und Cateringfirma scheiterte vor VG und VGH mit dem Versuch, dies zu stoppen. Die Gerichte hielten die Veröffentlichung von Hygieneverstößen jedoch für zulässig und unverzüglich. Aber was genau war geschehen und welche Konsequenzen ergeben sich aus diesem Urteil? Was tun, wenn die Lebensmittelkontrolle den Ruf schädigt - das schauen wir uns in diesem Beitrag genauer an.
Im Februar 2023 kontrollierte das Ordnungsamt die Betriebsstätte einer Event- und Cateringfirma und stellte gravierende Hygieneverstöße fest:
Daraufhin kündigte die Lebensmittelbehörde im März 2023 an, die Mängel auf dem hessischen Verbraucherportal nach den Vorgaben des LFGB zu veröffentlichen, um die Öffentlichkeit zu informieren.
Die Event- und Cateringfirma befürchtete daraufhin massive Reputations- und wirtschaftliche Schäden und beantragte vor den Verwaltungsgerichten, die Veröffentlichung zu untersagen. Sowohl das VG Frankfurt am Main als auch der Hessische VGH in erster Instanz wiesen die Anträge ab. Nach ihrer Auffassung lagen die Voraussetzungen für eine Veröffentlichung vor. Die Ankündigung erfolgte zudem unverzüglich im Sinne des Gesetzes.
Statt weiterer Eilrechtsmittel zog das Unternehmen vor das Bundesverfassungsgericht. Sie rügte Eingriffe in die Berufsfreiheit nach Artikel 12 Grundgesetz und in das rechtliche Gehör nach Artikel 103. Kern der Beschwerde war die Zeitkomponente. Eine Veröffentlichung Monate nach der Kontrolle verfehle den gesetzgeberischen Zweck der zeitnahen Verbraucherinformation, sei unverhältnismäßig und wirke wie ein Pranger ohne Aktualitätsbezug. Reputationsschäden ließen sich faktisch nicht heilen, auch nicht durch spätere Korrekturen oder Löschungen.
Der § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB erlaubt eine namentliche Veröffentlichung, wenn in einem Lebensmittelbetrieb nicht nur unerhebliche Verstöße gegen Hygiene- oder Täuschungsschutzvorschriften festgestellt wurden. Voraussetzung sind belastbare Tatsachenfeststellungen der Behörde sowie eine unverzügliche Information der Öffentlichkeit; sie dient dem Verbraucherschutz und ist am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen.
Information der Öffentlichkeit
(1) Die zuständige Behörde soll die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels und des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt wurde oder in den Verkehr gelangt ist, und, wenn dies zur Gefahrenabwehr geeigneter ist, auch unter Nennung des Inverkehrbringers, nach Maßgabe des Artikels 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 informieren. 2Eine Information der Öffentlichkeit in der in Satz 1 genannten Art und Weise soll vorbehaltlich des Absatzes 1a auch erfolgen, wenn
Das Bundesverwaltungsgericht teilte mit, zu den hier aufgeworfenen Fragen bisher keine konkrete Rechtsprechung entworfen zu haben. Die Hessische Landesregierung äußerte sich nicht. Die zuständige Behörde hielt dagegen an ihrer Linie fest. Auch eine spätere Veröffentlichung diene dem Verbraucherschutz. Andernfalls könnten Betriebe durch lange Gerichtsverfahren die Information der Öffentlichkeit faktisch verhindern und die gesetzliche Regelung leerlaufen lassen.
Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts verletzt eine verspätete Veröffentlichung von Hygieneverstößen die Berufsfreiheit. Die Information soll Verbraucher schnell erreichen, greift aber zugleich schwer in die Unternehmensausübung ein. „Unverzüglich“ heißt daher zeitnah nach der Kontrolle. Im entschiedenen Fall lagen rund 17 Monate zwischen Kontrolle und Entscheidung, der Informationswert war damit weitgehend verpufft. Behörden und Gerichte müssen den Zeitablauf stets berücksichtigen und die Interessen sorgfältig abwägen. Verzögerungen in Eilverfahren schließen Veröffentlichungen nicht automatisch aus, doch mit zunehmender Dauer überwiegen regelmäßig die Belastungen für das betroffene Unternehmen.
Der Beschluss des Hessischen VGH wurde aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Die Berufsfreiheit des Unternehmens ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verletzt. Das BVerfG stellt zudem klar: Die namentliche Veröffentlichung von Hygieneverstößen greift schwer in die Berufsausübung ein und ist nur verfassungsgemäß, wenn sie unverzüglich erfolgt. Mit wachsendem Zeitabstand sinkt der Informationswert für Verbraucher, während die Nachteile für Unternehmen steigen. Auch Verfahrensdauern sind einzubeziehen. Veröffentlichungen weit nach der Kontrolle, etwa nach mehr als einem Jahr, können ihren Zweck verfehlen und unverhältnismäßig sein. Das Land Hessen muss die notwendigen Auslagen tragen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.
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