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Neuigkeiten zum Mitbestimmungsrecht in sozialen Medien


Verwaltungen und Personalrat aufgepasst!

Es gibt Neuigkeiten zum Mitbestimmungsrecht in den sozialen Medien. Öffentliche Verwaltungen betreiben oft auf sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder Instagram eigene Seiten oder Kanäle. Jedoch kann aufgrund dessen, dass jeder Nutzer die Möglichkeit hat, die geteilten Beiträge zu kommentieren, eine technische Einrichtung zur Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten vorliegen. Diese unterliegt dann bei der Anwendung und Einrichtung der Mitbestimmung des Personalrats.

Wann hat der Personalrat das Recht, mitzubestimmen?

Der Personalrat kann bei der Anwendung und Einrichtung von technischen Anwendungen mitbestimmen, wenn diese dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung von einzelnen Beschäftigten zu überwachen. Dies ergibt sich aus §80 Absatz 1 Nummer 21 Bundespersonalvertretungsgesetz.

Durch ein solches Mitbestimmungsrecht des Personalrates soll die Persönlichkeit der Beschäftigten am Arbeitsplatz geschützt werden. Zudem soll gewährleistet werden, dass die Beschäftigten nicht befürchten müssen, etwa durch technische Einrichtungen, ständig überwacht zu werden. So soll verhindert werden, dass bei Beschäftigten ein Überwachungsdruck entsteht.

Wann der Personalrat bei Internetauftritten ein Mitbestimmungsrecht hat, entschied das Bundesverwaltungsgericht nun im Falle der deutschen Rentenversicherung. (BVerwG 5 P 16.21 - Beschluss vom 04. Mai 2023).

Diese unterhält im Rahmen ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit öffentliche Kanäle in sozialen Netzwerken, die eine übliche Nutzerkommentarfunktion anbieten. Hierdurch besteht die Möglichkeit, dass die Nutzer das Verhalten sowie die Leistung der Beschäftigten kommentieren können. Diese Kommentare werden jedoch lediglich von der jeweiligen Plattform gespeichert und von der deutschen Rentenversicherung nicht ausgewertet. Die Frage hierzu lautete dann, ob aufgrund einer Einrichtung und Anwendung einer technischen Einrichtung ein Mitbestimmungsrecht des Personalrates vorliegen würde.


Nutzerkommentare als Überwachung

Dabei soll nach dem Bundesverwaltungsgerecht bereits das Speichern von Nutzerkommentaren mit verhaltens- oder leistungsbezogenen Angaben eine selbstständige Überwachungsleistung von einer technischen Einrichtung sein. Denn es bestünde schon die grundsätzliche Gefahr, dass die Dienststelle die Daten aus den Nutzerkommentaren auswerten könnte. Hierdurch könnte ein Überwachungsdruck bei den Beschäftigten entstehen. Das Speichern von solchen Nutzerkommentaren auf Social-Media-Plattformen kann zudem zur Überwachung „bestimmt“ sein. Dabei reicht bereits die objektive Möglichkeit aus, dass die Datenspeicherung zur Überwachung geeignet ist.

Wann ist der Personalrat erforderlich?

Doch wann ist denn jetzt die Mitwirkung des Personalrates erforderlich? Das BVerwG kann hierauf keine eindeutige Antwort geben. Es komme auf den konkreten Einzelfall an und bedarf einer objektiven Betrachtungsweise.

Hinreichende Wahrscheinlichkeit von Nutzerkommentaren

Ob die Mitbestimmung des Personalrates erforderlich ist, hängt insbesondere davon ab, ob solche verhaltensbezogenen Kommentare von Nutzern mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Um diese Wahrscheinlichkeit ermitteln zu können, kommt es auf die Konzeption des Inhalts der Seite der Verwaltung in den sozialen Medien an sowie den Auftritt im Internet an.

 

Kriterium: Beschäftigte treten als solche auf

Stellt die Dienststellenleitung auf den sozialen Medien Inhalte ein, bei welchen über konkrete Beschäftigte und deren Tätigkeitsfelder berichtet wird, lenkt diese den Blick der Nutzer auf die Leistung sowie das dienstliche Verhalten der Beschäftigten, weshalb hierzu verhaltensbezogene Nutzerkommentare zu erwarten sind.

Sachbezogener Auftritt

Wenn jedoch der Auftritt der Dienststelle sachbezogen ist, wird wohl keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür vorliegen, dass Nutzer verhaltensbezogene Aussagen kommentierten. Ein solcher sachbezogener Auftritt liegt vor, wenn lediglich über Aufgaben der Dienststellen in allgemeiner Form berichtet wird oder etwa Pressemitteilungen über die Tätigkeit der Dienstelle informiert wird. Jedoch nur dann, wenn dies ohne Bezug zu bestimmten Beschäftigten geschieht.

Tatsächliches Verhalten von Nutzern

Letztendlich muss eine Gesamtbetrachtung stattfinden, in die auch das tatsächliche Verhalten der Nutzer mit einbezogen wird. Denn die Erforderlichkeit der Mitbestimmung des Personalrates kann sich durch ein verändertes Verhalten der Nutzer im Verlaufe des Betriebs ändern. Kommt es zu einer nennenswerten Vermehrung von verhaltens- oder leistungsbezogener Nutzerkommentaren, können diese doch zur Überwachung geeignet sein und gegenüber der ursprünglichen Prognose ist ein Mitbestimmungsrecht des Personalrates doch zu bejahen.

Ein Überwachungsdruck kann jedoch auch dann nicht entstehen, wenn die Dienststelle solche Kommentare schnellstmöglich und vor allem ohne Auswertung löscht. Ob dabei ein Überwachungsdruck wegfällt, ist dabei aus der Sicht eines objektiven Betrachters zu beurteilen.


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