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Verwechslungsgefahr für digitale Fahrassistenzsysteme


Digitale Fahrerassistenzsysteme reagieren sensibel auf Verkehrszeichen. Umso problematischer wird es, wenn solche Schilder nicht von Behörden stammen. In einem aktuellen Fall beschäftigte sich der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit der Frage, ob ein von Anwohnern aufgestelltes „Tempo 30“-Schild entfernt werden muss, weil es bei flüchtigem Blick wie ein offizielles Verkehrszeichen wirkt und maßgeblich die Einschätzung von digitalen Fahrerassistenzsystemen beeinflusst.


Der Fall

Der aktuelle Streitfall drehte sich um ein von Anwohnern selbst gefertigtes Schild mit der Aufschrift „Freiwillig Tempo 30“, das auf einem Privatgrundstück platziert war. Es sollte Autofahrer im Wohngebiet zu einer langsameren Fahrweise bewegen und so die Sicherheit von Kindern und Anwohnern erhöhen.

Gestaltet war es jedoch in einer Form, die stark an amtliche Verkehrszeichen erinnerte: eine auffällige „30“ in der Mitte, eingefasst von einer kreisförmigen Umrandung, ergänzt durch Symbole und Farbgebung, wie sie auch bei offiziellen Schildern genutzt werden.

Die Behörde befürchtete, dass dieses Schild bei flüchtigem Hinsehen mit einem verbindlichen Verkehrszeichen verwechselt werden könnte. Ein Risiko, das nicht nur für menschliche Fahrer, sondern auch für digitale Fahrerassistenzsysteme relevant ist, da diese Verkehrszeichen automatisiert erkennen und in die Fahrweise einbeziehen.


Was ist ein Fahrassistenzsystem und welche gibt es?

Fahrerassistenzsysteme sind elektronische Helfer, die im Pkw gezielt Sicherheits- und Komfortfunktionen übernehmen und den Fahrer beim Fahren unterstützen. Sie arbeiten meist mit Sensoren, Kameras und Software, um das Fahrzeug und seine Umgebung kontinuierlich zu überwachen und in kritischen Situationen einzugreifen oder zu warnen. Die Systeme sind in den vergangenen Jahren immer fortschrittlicher geworden und gehören heute bei vielen Neufahrzeugen zur Serienausstattung. Ziel ist es, den Fahrer zu entlasten, den Straßenverkehr sicherer zu machen und Unfälle zu vermeiden.

Zu den typischen Fahrassistenzsystemen gehören:

  • Bremsassistenten: Unterstützen bei Notbremsungen und können so Auffahrunfälle verhindern.
  • Spurhalteassistenten: Warnen oder korrigieren, wenn das Fahrzeug unbeabsichtigt die Fahrspur verlässt.
  • Abbiege- und Totwinkelassistenten: Überwachen den Verkehr im toten Winkel und beim Abbiegen, um Zusammenstöße zu vermeiden.
  • Adaptive Geschwindigkeits- und Abstandsregelung (ACC): Halten automatisch den Abstand zum Vordermann und passen die Geschwindigkeit an.
  • Parkassistenten und Rückfahrkameras: Erleichtern das Ein- und Ausparken, erkennen Hindernisse hinter dem Fahrzeug.
  • Müdigkeitswarner und Insassenüberwachung: Erkennen nachlassende Aufmerksamkeit oder gefährliche Situationen im Innenraum.
  • Verkehrszeichenerkennung: Liest Geschwindigkeitsbegrenzungen und Verkehrszeichen und unterstützt den Fahrer bei der Einhaltung.


Der große Vorteil moderner Assistenzsysteme liegt darin, gefährliche Situationen frühzeitig zu erkennen, in Sekundenbruchteilen zu reagieren und somit aktiv dazu beizutragen, Unfälle und Verletzungen zu verhindern. Sie reduzieren das Risiko menschlicher Fehler und sorgen zugleich für mehr Komfort im Alltag, zum Beispiel im Stau oder bei langen Autobahnfahrten.


Gericht bestätigt Entfernung des privaten „Freiwillig Tempo 30“-Schilds

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies den Antrag der Anwohner zurück und bestätigte die behördliche Anordnung, das privat angebrachte „Freiwillig Tempo 30“-Schild zu entfernen. Maßgeblich war nicht die Absicht der Aufsteller, sondern der optische Gesamteindruck: Wenn ein Schild bei flüchtigem Hinsehen nicht klar als privat erkennbar ist, sondern den Eindruck eines amtlichen Verkehrszeichens erweckt, besteht eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr.

Das beanstandete Schild übernahm wesentliche Gestaltungsmerkmale offizieller Geschwindigkeitsbegrenzungen. Nach Auffassung des Gerichts beseitigten auch Unterschiede wie eine grüne statt einer roten Umrandung, zusätzliche Piktogramme oder der Zusatz „Freiwillig“ diese Gefahr nicht. Im fließenden Verkehr könnten Fahrer solche Details leicht übersehen. Zudem könnten ausländische Verkehrsteilnehmer den Hinweis nicht richtig einordnen.

Auch digitale Fahrerassistenzsysteme, die Verkehrszeichen automatisiert erfassen und interpretieren, könnten durch zu ähnliche Schilder fehlerhafte Signale verarbeiten. Dies wirkt sich in der Regel unmittelbar auf das Fahrverhalten aus und gefährdet somit die Verkehrssicherheit. Aus diesem Grund müsse das Interesse der Anwohner am Aufstellen des Schilds hinter dem Schutz klar erkennbarer amtlicher Beschilderung zurücktreten.


Wichtigste Punkte aus dem Urteil

  • Bereits eine potenzielle Verwechslungsgefahr mit amtlichen Verkehrszeichen rechtfertigt die behördliche Entfernung privater Schilder.
  • Unterschiede in Farbe, Text oder Symbolik reichen nicht aus, wenn der Gesamteindruck weiterhin an offizielle Zeichen erinnert.
  • Verkehrssicherheit hat Vorrang vor individuellen Gestaltungsideen.
  • Auch digitale Fahrerassistenzsysteme können durch ähnliche Schilder fehlgeleitet werden.
  • Hinweise zur Fahrweise sollten optisch deutlich abweichend gestaltet sein, um Missverständnisse zu vermeiden.

Das Urteil zeigt, dass nicht nur menschliche Verkehrsteilnehmer, sondern auch moderne Fahrzeugtechnik eine klare und eindeutige Beschilderung benötigt. Private Initiativen zur Verkehrsberuhigung müssen deshalb auf eigenständige Designs setzen, die weder optisch noch technisch mit offiziellen Verkehrszeichen konkurrieren.


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