SBS Firmengruppe Logos

| Sonstige Rechtsgebiete

Vorsicht bei Verträgen! BGH bestimmt über Insolvenzklausel


Die Insolvenz ist in der Regel eine unangenehme Angelegenheit für alle Beteiligten. Um die negativen Folgen abzumildern vereinbaren einige Vertragsparteien eine Insolvenzklausel, mit der man sich im Falle der Insolvenz einer Partei von den Vertägen lösen kann. Doch es ist Vorsicht geboten! Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bestimmt unter welchen Umständen eine solche Klausel wirksam ist.

Insolvenzabhängigen Klauseln in Verträgen zur Schülerbeförderung

In dem konkreten Fall hatte die Beklagte, eine Schule, den Kläger mit dem Transport von Schülern zu fünf verschiedenen Schulen beauftragt. In den Verträgen wurde folgendes vereinbart:

„Der Auftraggeber ist berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Als wichtige Gründe gelten insbesondere:

[...]

  1. e) Der Auftragnehmer ist zahlungsunfähig geworden, über das Vermögen des Auftragnehmers ist ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden, die Eröffnung eines solchen Verfahrens ist mangels Masse abgelehnt worden, der Auftragnehmer befindet sich im Verfahren der Liquidation oder der Auftragnehmer hat seine Tätigkeit eingestellt."

Als der Kläger insolvent wurde machte die Schule von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch und löste die Verträge auf. Das Busunternehmen klagte auf Zahlung der vereinbarten Vergütung.

Der BGH hat die Sache nun zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Kündigungsklauseln umstritten

Die Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Kündigungsklauseln ist stark umstritten, da es keine abschließenden Regelungen zu ihrer Wirksamkeit im Gesetz gibt.

Grundsätzlich ist der Insolvenzverwalter dazu verpflichtet, den Vertrag in dem Zustand zu übernehmen, in dem er ihn zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorfindet. Somit bestehen die vertraglich vereinbarten Kündigungsrechte grundsätzlich auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort.

Es gibt jedoch bestimmte Einschränkungen für vertragliche Regelungen, die durch besondere gesetzliche Vorschriften in der Insolvenzordnung geregelt sind.

Umgehung der zwingenden Regelung des § 103 InsO unwirksam

Die insolvenzabhängige Klausel, die eine Kündigung aus wichtigem Grund erlaubt, ist dann unwirksam, wenn die zur Umgehung der zwingenden Regelung des § 103 InsO dient. Jedoch bietet das Gesetz keine ausreichende Grundlage, um eine generelle Unwirksamkeit solcher Klauseln anzunehmen.


§ 103 InsO Wahlrecht des Insolvenzverwalters

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. 3Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.


Kündigung aus wichtigem Grund im Hinblick auf ein Insolvenzverfahren

Ob eine Kündigung aus wichtigem Grund im Hinblick auf ein Insolvenzverfahren möglich ist, wurde bisher nur in bestimmten Fällen geklärt, wie zum Beispiel bei Bauverträgen. Hier wird das Vertrauensverhältnis, das für die Fortführung des Vertragsverhältnisses notwendig ist, zerstört.

Bei bereits erlangter Kenntnis der Insolvenz ist eine solche Klausel nicht auf Werklieferungsverträge übertragbar. Der BGH hat jedoch noch nicht entschieden, ob und unter welchen Bedingungen eine Kündigung aus wichtigem Grund im Hinblick auf ein Insolvenzverfahren vor der Eröffnung des Verfahrens möglich ist.

BGH: Keine grundsätzliche Unwirksamkeit einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel

Der BGH hat in seinem Urteil klargestellt, dass die §§ 103 und 119 InsO keine generelle Regel zur Unwirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln darstellen. Vielmehr ist es nicht zwingend erforderlich, dass eine Vereinbarung einer gesetzlich bestimmten Lösungsmöglichkeit entspricht. § 119 InsO besagt lediglich, dass Vereinbarungen unwirksam sind, wenn sie sich auf Regelungen der §§ 103 bis 118 InsO beziehen.


§ 119 InsO Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen

Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.


Einschränkung der Privatautonomie bedarf hinreichender gesetzlicher Grundlage

Die Möglichkeit, Vertragsinhalte anzupassen, ist ein Ausdruck der Privatautonomie. Um die Regelungen, die aufgrund der Privatautonomie geschlossen wurden, einzuschränken, bedarf es einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Insolvenzabhängige Lösungsklauseln haben je nach Betrachtungszeitpunkt, vor (ex ante) oder nach (ex post) Eintritt der Insolvenz unterschiedliche Vor- und Nachteile.

Der § 119 InsO beruht auf der Wertung, dass eine privatautonom begründete Bindung an einen gegenseitigen Vertrag grundsätzlich auch in der wirtschaftlichen Krise fortbesteht. Ein freies anlassloses Auflösungsrecht würde diesem Gedanken entgegenstehen.

Einschränkung des Wahlrechts des Insolvenzverwalters bei Vertragsabschluss

Eine Einschränkung des Wahlrechts des Insolvenzverwalters liegt insbesondere dann vor, wenn bei Vertragsabschluss keine gerechtfertigten Gründe für eine sofortige Auflösungsmöglichkeit aus den wechselseitigen Interessen der Parteien ersichtlich sind. Eine solche Einschränkung kann vorliegen, wenn ein uneingeschränktes Kündigungsrecht ohne rechtfertigenden Grund vereinbart wird. Denn dies kann dazu führen, dass eine Partei ihren Pflichten entgeht und somit ihre eingegangene Verpflichtung nicht erfüllt. Entscheidend ist hierbei die objektive Sachlage, während die subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien nicht bewertet werden.

Insolvenzabhängige Lösungsklausel als Ausgestaltung des Lösungsgrundes

Die Vereinbarung einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel kann der Ausgestaltung eines Lösungsgrundes dienen. Die Vereinbarung einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel kann der Konkretisierung eines Lösungsgrundes dienen. Wenn das Gesetz die Möglichkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund vorsieht, kann die Klausel als Ausgestaltung dieses Konzepts betrachtet werden. Insolvenzabhängige Lösungsklauseln haben insbesondere in solchen Fällen den Zweck, vor dem Eintritt der Insolvenz die Voraussetzungen für eine Vertragsauflösung zu klären, um mögliche Streitigkeiten zu vermeiden. Durch die Regelung, was als wichtiger Grund für die Vertragsauflösung gilt, vermeiden sie Unsicherheiten darüber, ob die Veränderungen im konkreten Fall als wichtiger Grund im Zusammenhang mit der Insolvenz anzusehen sind.

Erhebliche Bedeutung für Zuverlässigkeit des Schuldners

Insolvenz kann die Interessen des anderen Teils an der Durchführung des Vertrags beeinträchtigen, und zwar dann, wenn die Insolvenz eines Vertragspartners zu einer Risikoerhöhung für den anderen Partner führt. Solche Umstände können sich dann ergeben, wenn die Zuverlässigkeit des Schuldners erhebliche Bedeutung für die weitere Leistungserbringung hat.

BGH: Insolvenzbedingte Lösungsklausel kann wirksam sein

Der BGH hat entschieden, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht aufrechterhalten werden kann, denn eine insolvenzbedingte Lösungsklausel kann wirksam sein.

Zwar konnten die Verträge nicht gemäß § 648a BGB gekündigt werden, da die konkreten Umstände des Einzelfalls nicht ausreichen, um eine Kündigung aus wichtigem Grund zu begründen. Allerdings könnte durch die insolvenzbedingte Lösungsklausel wirksam verabredet worden sein, dass der Eintritt der Insolvenz einen wichtigen Grund darstellt. Bei der objektiven Betrachtung muss berücksichtigt werden, dass dies eine Ausgestaltung des freien Kündigungsrechts darstellen kann.

Typisierte Interessenbewertung entscheidend für Wirksamkeit von Lösungsklauseln

Wenn das Gesetz eine Kündigung aus wichtigem Grund vorsieht, dann ist die Lösungsklausel wirksam, wenn sie eine typisierte Interessenbewertung für die geregelten Fälle enthält. Wichtig ist, ob mit der Insolvenz verbundene Risiken eine Vertragserfüllung in einem Ausmaß gefährden, das einen wichtigen Grund darstellt, unabhängig von Sanierungsversuchen. In bestimmten Fällen kann die Ausübung des Kündigungsrechts aufgrund von Treu und Glauben ausgeschlossen werden. Das Berufungsgericht hat nicht untersucht, ob die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Vereinbarung einer Klausel für das Insolvenzereignis als wichtigen Grund im Vertrag hatte, um das Risiko einer erhöhten Gefährdung bei der Schülerbeförderung zu vermeiden. Möglicherweise könnten die öffentlich-rechtlichen Vorgaben für die Schülerbeförderung sowie die Notwendigkeit, Störungen bei der Beförderung zu vermeiden und ausreichenden Versicherungsschutz für mögliche Unfallschäden zu gewährleisten, ein solches Interesse rechtfertigen.


SBS LEGAL - Ihr Anwalt für Insolvenzrecht in Hamburg

Befürchten Sie, dass Ihre Firma in eine Krise gerät oder eine Insolvenz droht? Wir als Anwalt für Insolvenzrecht bieten Soforthilfe! Wir helfen Ihnen rechtzeitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen und stehen mit unserer Expertise auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, Steuerrechts und Insolvenzrechts zur Seite.

Sie benötigen Hilfe bei der Sanierungvon von Schulden?

Wir bieten Betreuung während des gesamten Insolvenzverfahrens und helfen Ihnen das Ziel der Sanierung und Beendigung des Insolvenzverfahrens zu erreichen. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Der Erstkontakt zu SBS LEGAL ist immer kostenlos.

SBS Direktkontakt

telefonisch unter (+49) 040 / 7344086-0 oder
per E-Mail unter mail@sbs-legal.de oder
per unten angebotenem SBS Direktkontakt.

Ich habe die Datenschutz-Richtlinien gelesen und stimmen diesen hiermit zu.

Zurück zur Blog-Übersicht