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Händler - die Informationspflicht und die Herstellergarantien


Wann gilt für Online-Händler die Informationspflicht zu Herstellergarantien?

Auf technische oder hochpreisige Produkte wie Smartphones und Uhren geben Hersteller häufig eine Garantie. Sie ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, zum Beispiel an eine bestimmte Dauer und einen bestimmten räumlichen Geltungsbereich. „Herstellergarantie“ wird sie auch genannt.

Diese müssen Hersteller nicht anbieten – sie sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, eine Garantie auf ihre Ware zu geben. Vorgegeben ist lediglich die gesetzliche Gewährleistung, von der sich die Garantie jedoch definitorisch abgrenzt. Eine Herstellergarantie ist also ein Bonus des Herstellers für seine Kunden. So ein Bonus ist natürlich nicht immer völlig selbstlos: Eine Garantie kann für einen Kunden der ausschlaggebende Grund dafür sein, sich für eben dieses Produkt eines spezifischen Herstellers – und dadurch gleichzeitig dann nicht die Ware eines konkurrierenden Herstellers zu kaufen. Denn die Absicherung, sein erworbenes Produkt im Schadensfall kostenlos reparieren oder umtauschen lassen zu können, auch wenn der Kauf des betreffenden Artikels schon mehrere Jahre zurückliegt und somit nicht mehr in den gesetzlichen Gewährleistungszeitraum fällt, kommt einem als Kunden angenehmerweise sehr entgegen.

Händler und Hersteller erhoffen sich höhere Beliebtheit durch das Anbieten von Garantien

Durch das Anbieten von Garantien auf ihre Produkte versprechen sich Hersteller also eine höhere Beliebtheit, die sich im Kaufverhalten der Kunden widerspiegelt. Deswegen werben sie häufig mit ihren Garantien. Auch Händler werben damit. Händler stellen die Artikel, die sie verkaufen, nicht selbst her, sondern nehmen sie dem jeweiligen Hersteller ab, um sie anschließend weiterzuverkaufen – sie handeln also, wie ihre Bezeichnung als „Händler“ bereits impliziert.

Werben Händler mit den Garantien der Hersteller, ist eindeutig: Es besteht eine Informationspflicht. Das heißt, dass sie gesetzlich verpflichtet sind, ihre Kunden sowohl vor als auch nach Vertragsabschluss (bzw. Kauf) auf verständliche Art und Weise über alle Konditionen der Garantie aufzuklären – also u.a. wie lange und wo die Garantie gilt.

Doch wie verhält es sich mit der Informationspflicht, wenn auf ein Produkt zwar eine Herstellergarantie besteht, die Händler aber nicht mit dieser Garantie werben – sie also nicht in ihrem eigenen Angebot nennen?

Dieser Sachverhalt hat derzeit vier Land- bzw. Oberlandesgerichte in vier verschiedenen Fällen beschäftigt.

Es gibt noch keine eindeutige Rechtsprechung:

Zwei Gerichte (Bochum und Hamm) haben sich anhand der Informationspflicht dafür ausgesprochen, dass Händler in jedem Fall über Garantien informieren müssen. Den Bochumer Richtern zufolge gelte sogar eine Nachforschungspflicht für die Händler zu den Garantien der Hersteller, deren Produkte sie vertreiben.

Die beiden anderen Gerichte (Hannover und Bamberg) legen den Gesetzestext zur Informationspflicht anders aus: Demnach müsse nur über die Herstellergarantie aufgeklärt werden, wenn von den Händlern damit geworben wird.

Gegen die Einschätzungen des Landgerichts (LG) Bochum und des Oberlandesgerichts (OLG) Hamms, die eine immer geltende Informationspflicht besagen, wurde Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt (Aktenzeichen: I ZR 241/19). Eine abschließende Urteilsverkündung bleibt noch abzuwarten.

Das LG Bochum und das LG Hamm zu Herstellergarantien:

"Ja, Händler müssen immer über Herstellergarantien informieren" - so hatten das LG Bochum und auch das OLG Hamm geurteilt.

 

Der Fall am LG Bochum:

Im Fall des LG Bochum handelt es sich sowohl bei Kläger und als auch bei Angeklagtem um Onlinehändler, die auf der Internetplattform eBay Technik-Geräte verkaufen.

Der Angeklagte hatte eine Apple-Watch auf eBay angeboten. Vom Hersteller (Apple) besteht auf diese Uhr eine Apple-Garantie, also eine Herstellergarantie. Dass diese Garantie auf das angebotene Produkt (die Apple-Watch) besteht, hatte der angeklagte Händler nirgendwo erwähnt – nicht werbend im eBay-Angebot und auch nicht beim Bestellvorgang.

Dagegen geklagt hatte ein anderer Onlinehändler, also ein Mitbewerber des Angeklagten Händlers. Er mahnte den Anbieter der Apple-Watch ab. Die Begründung: "Es fehlen Informationen zur Herstellergarantie – ihrem Inhalt und den wesentlichen Angaben, die nötig sind, um Anspruch auf die Garantie des Produkts zu erheben." Der in diesem Zusammenhang ebenfalls geforderten Unterlassungserklärung des Klägers an ihn kam der Angeklagte nicht nach.

Das LG Bochum entschied jedoch zugunsten des Klägers: Ja, der angeklagte Händler muss über die Herstellergarantie von Apple informieren – auch wenn er nicht damit geworben hatte (Urteil vom 27.11.2019 – I-15 O 122/19). Denn die Informationspflicht gelte nicht nur bei Werbung mit einer Herstellergarantie. Das bloße Vorhandensein einer solchen Garantie verpflichte bereits dazu, den Kunden umfassend über sie zu informieren - so die Richter am LG Bochum nach §312d (BGB) i.V.m. Artikel 246a §1, Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 (EGBGB). Dabei spiele es keine Rolle, ob eine Garantie vom Händler, vom Hersteller oder von jemand Drittem auf die Artikel, die der Händler verkauft, existiert. Deswegen sei der Händler gar zur aktiven Nachforschung verpflichtet: Er muss also herausfinden, ob der Hersteller, dessen Produkte er vertreibt, möglicherweise eine Garantie auf diese Produkte hat - und die üblich nötigen Informationen dazu dann dem Kunden so zur Verfügung stellen, dass sie für ihn vor und nach Vertragsabschluss ersichtlich und verständlich sind.

Zu solch einer Nachforschungspflicht äußerte sich das OLG Hamm zwar nicht, aber zum allgemeinen Urteil des LG Bochum war es der gleichen Auffassung: Auch wenn sie nicht damit werben – Händler müssen über Herstellergarantien informieren (Urteil vom 26.11.2019, Az.: I-4 U 22/19).

Der Fall am LG Hamm:

Der Beklagte hatte auf Amazon ein Taschenmesser der Marke Victorinox angeboten. Mit der Garantie des Messer-Herstellers hatte er nicht geworben und entsprechend auch keine Informationen dazu bereitgestellt. Aber: Der Amazon-Händler hatte in seinem Angebot ein Dokument verlinkt, das zu einem Produktinformationsblatt des Messer-Herstellers führte. Und auf diesem Infoblatt warb Victorinox mit seiner Garantie – ohne aber hinreichend zu Garantiebedingungen etc. zu informieren, wie das OLG Hamm befand.

Auch die Hammer Richter fällten das Urteil: Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflicht müssen Händler immer über die Herstellergarantien der von ihnen angebotenen Produkte informieren. In dem Fall des Taschenmesser-Händlers auf Amazon gelte das ganz besonders, da er durch die Verlinkung zu dem anderen Dokument, das eine Victorinox-Garantie erwähnte, ebenfalls indirekt Werbung diesbezüglich betrieben hatte. Und wird mit einer Garantie geworben, gilt eindeutig: Dem Kunden müssen umfassende Informationen zu dieser Garantie vorgelegt werden.

Informationspflicht – Zwickmühle für Händler

Die Urteile des LG Bochum und des OLG Hamm stellen Händler vor Schwierigkeiten:

Denn beim Werben mit Garantien haften sie für mangelnde Informationen dazu – auch wenn nicht sie selbst diese mangelnden Informationen unterschlagen, sondern die Hersteller, um deren Herstellergarantie es ja gerade geht.

Weil die Fehlinformationen Abmahnungen im Rahmen des Wettbewerbsrechts zur Folge haben können, erwähnen Händler mittlerweile die Garantien der Hersteller ihrer Waren gar nicht erst, da sie ja möglicherweise nicht die gesetzlich notwendigen Informationen haben könnten.

Laut der Bochumer und auch der Hammer Richter müssen die Händler nun aber darüber informieren, dass Herstellergarantien bestehen. Somit müssen sie auch (gesetzlich eindeutig) alle Informationen, die zur Garantie relevant sind, nennen – auch wenn sie aufgrund des Herstellers diese Informationen gar nicht haben und deswegen normalerweise erst gar nicht überhaupt erwähnen würden.

Derweil besteht somit in diesem Sachverhalt eine Rechtsunsicherheit. Das Urteil des BGH dazu steht noch aus – und die Urteile des LG Bochum und des OLG Hamm sind nicht rechtskräftig, solange sie nicht vom BGH bestätigt worden sind. Es bleibt also abzuwarten, wie sich der BGH entscheidet.

LG Hannover und LG Bamberg entschieden anders:

Denn im Gegensatz zu Bochumer und Hammer Richtern hatten sowohl das LG Hannover als auch das LG Bamberg in ähnlichen Fällen bzw. gleichen Sachverhalten entschieden: "Nein, Händler müssen über Herstellergarantien nur bei Werbung damit informieren."

Zugrunde liegt eine Klage des Interessenverbandes für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. (IDO-Verband), der einen Online-Händler wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens abgemahnt hatte. Konkret ging es um eine Metabo-Bohrmaschine, die der angeklagte Händler eBay angeboten hatte. Wie auch in den beiden obig beschriebenen Fällen, hatte der Bohrmaschinen-Händler keine Informationen zur Garantie und den Garantiebedingungen des Herstellers der Bohrmaschine (Metabo) bereitgestellt.

Anders als in den beiden andern Fällen, wo das LG Bochum und das OLG Hamm diese fehlenden Informationen als unrechtmäßig beurteilt hatten, entschied das LG Hannover hier: "Der Händler ist nicht per Gesetz dazu verpflichtet, über die Herstellergarantie zu informieren (Urteil vom 23.09.2019, Az. 18 O 33/19). Insofern sei das Nichtinformieren des Händlers über die Existenz einer Herstellergarantie auch nicht wettbewerbswidrig."

Nach Auffassung des LG Hannover beziehe sich die gesetzliche Informationspflicht für Händler nur auf Garantien des Händlers selbst, nicht auf etwaige Herstellergarantien (vorausgesetzt, es wird nicht mit diesen Herstellergarantien geworben).

So sieht es auch das LG Bamberg (Urt. v. 10.12.2019 – 1 HK O 20/19). In diesem Fall hatte abermals der IDO-Verband geklagt und einen Online-Händler abgemahnt, der (ohne mit ihnen zu werben) nicht über Herstellergarantien der Artikel, die er verkaufte, informiert hatte.

Die Richter in Bamberg begründeten ihr Urteil so, wie auch das LG Hannover sein gleiches Urteil begründet hatte: Eine Pflicht, über Herstellergarantien zu informieren, auch wenn nicht mit ihnen geworben wird, könne keinem Gesetz im Wortlaut entnommen werden. Der vom IDO-Verband beklagte Wettbewerbsvorteil bei mangelnden Garantiehinweisen bestehe ohne vorangegangene Werbung mit einer solchen Garantie nicht. Die Informationspflicht so weit auszudehnen, sei vielmehr unpraktikabel und erfülle nicht die eigentliche Intention des Gesetzes, wonach die Verbraucher in ihrem Sinne informiert werden sollen.


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