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Am 18.08.2023 trat die E-Evidence Verordnung der Europäischen Union (VO (EU) 2023/1543) in Kraft. Die Übergangszeit umfasst gemäß § 34 VO drei Jahre, so dass die Verordnung ab dem 10.08.2026 verbindlich an Geltung erlangen wird. Ziel der Verordnung ist, grenzüberschreitende Ermittlungen zu vereinfachen. Polizei- und Justizbehörden der EU-Mitgliedstaaten soll es ermöglicht werden, leichter auf elektronische Beweismittel (E-Evidences), die sich auf ausländischen Servern innerhalb der EU befinden, zugreifen zu können. So wird es nationalen Ermittlungsbehörden möglich sein, mittels Herausgabeanordnung die Daten unmittelbar von den Dienstanbietern aus anderen EU-Mitgliedstaaten einzufordern, wenn die elektronischen Beweismittel für die Vollstreckung oder in einem laufenden Strafverfahren notwendig sind.
In ihrem Vorschlag von 2018 hatte die Europäische Kommission im Wege von Umfragen in den EU-Mitgliedstaaten ermittelt, dass elektronische Beweismittel in 85% der Ermittlungen von Relevanz sind, sich jedoch in 65% der Fälle auf ausländischen Servern befinden. Bis 2026 könnten diese Zahlen noch höher ausfallen. Dadurch, dass das Internet immer relevanter wird, wirkt sich dies auch auf die elektronische Beweismittel aus.
Jedoch könnte die Vereinfachung der grenzüberschreitenden Strafermittlung durch effektivere Methoden dazu führen, dass es zu einer Verletzung der Grundrechte kommt. Wir stellen Ihnen daher im Folgenden vor, welche Vor-und Nachteile die E-Evidence Verordnung mit sich bringt.
Bei der Planung oder Begehung von Straftaten wird immer stärker auf technologische Wekzeuge oder Dienste zurückgegriffen. Grund hierfür ist die digitale Revolution, die jeden gesellschaftlichen Aspekt beeinflusst. Dies ist auch den Behörden bekannt, weshalb sie verschärft auf elektronische Beweismittel zur Überführung von Kriminellen setzen. Bei den elektronischen Beweismitteln handelt es sich um digitale Daten, die verwendet werden, um Straftaten zu ermitteln und zu verfolgen. Hierunter fallen SMS, E-Mails, Informationen über ein Online-Konto sowie audiovisuelle Inhalte. Die Daten können zur Identifikation von Personen genutzt werden oder um mehr Informationen über die Aktivitäten der verdächtigen Person zu erlangen.
Bislang stellte sich der Zugang zu den elektronischen Beweismitteln für die Behörden als mühsamer Prozess dar. Oft werden die elektronischen Beweismittel nämlich in einem anderen EU-Mitgliedstaat gespeichert. Die Nutzerdaten werden von Dienstanbietern auf Servern gesichert, die inner- oder außerhalb der Europäischen Union sitzen können. Um an die elektronischen Beweismittel heranzukommen, werden in 50% der strafrechtlichen Ermittlungen grenzüberschreitende Ersuchen gestellt.
Um vom Server-Provider verlangen zu können, die Nutzerdaten herauszugeben, ist ein langwieriges und aufwendiges Rechtshilfeverfahren in dem jeweiligen Mitgliedstaat, wo sich der Server befindet, notwendig. Wegen des flüchtigen und beeinflussbaren Charakters dieser Daten müssen die Behörden jedoch zügig Handeln. Die E-Evidence Verordnung ermöglicht es den Behörden bei der Ermittlung von Straftaten, denen eine Freiheitsstrafe von drei Jahren droht, unmittelbar an den ausländischen Server-Provider eine Europäische Herausgabeanordnung zu richten. Daraufhin muss der Server-Provider die Daten in einem Zeitraum von zehn Tagen oder im Notfall innerhalb von acht Stunden an die Behörden herausgeben. Vor der E-Evidence Verordnung konnte es zehn Monate bis zur Herausgabe dauern. Durch die Beschleunigung des Herausgabe-Prozesses kann das Rechtssystem mit dem ständigen Wandel in der Technologie mithalten.
Allerdings erfolgt die Beschleunigung des Herausgabe-Prozesses zum Nachteil der Grundrechte.
Das bisherige Rechtshilfeverfahren ging zwar mühsam von Statten, jedoch fungierte es als Kontrollinstanz, die eine unabhängige Prüfung der Begründetheit einer „digitalen Durchsuchung“ vollzog. Nun wird eine zuständige Behörde im jeweiligen Mitgliedstaat bloß noch über die Herausgabeanordnung unterrichtet und ihr daraufhin zehn Tage eingeräumt, um der Anordnung wegen begründeter Bedenken nicht Folge zu leisten. Dies entspricht aber keinem Kontrollmechanismus mehr. Bei dieser automatischen Durchführung fehlt es an der aktiven Zustimmung. Abgesehen von den Fällen, wo ein bewusster Eingriff vorliegt. Da man allerdings nur innerhalb eines kurzen Zeitraums tätig werden kann, ist es fraglich, ob die Grundrechte noch einen ausreichenden Schutz vor Eingriffen erfahren. So wird das Arbeitsaufkommen zwischen den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausfallen. Die meisten Big Tech Unternehmen sitzen nämlich in Irland, die sich dort gegenüber anderen EU Mitgliedstaaten mit einer hohen Anzahl an Notifizierungen befassen müssen.
Zudem darf die Person gegen die ermittelt wird, nicht in dem kontaktierten Mietgliedstaat ansässig sein. Die zuständigen Behörden würde daher weniger gewillt sein, einen Eingriff in die Ermittlungen zu wagen.
Es wird sich jedoch erst bei der Anwendung der E-Evidence Verordnung herausstellen, inwieweit sich diese Argumente zu schwerwiegenden Problemen entwickeln werden. Unbestreitbar ist bereits jetzt, dass der Sicherheitsmechanismus, der für einen Notfall eingerichtet wurde, sich als nicht besonders wirksam gestaltet. Die Server-Provider haben nämlich nur acht Stunden Zeit die Daten herauszugeben. Erhebt die kontaktierte Behörde dann in einem Zeitraum von vier Tagen Versagungsgründe, wird dieser Einwand meist nicht rechtzeitig erfolgen. Die zugesendeten Daten dürfen dann zwar nur in eingeschränkter Weise verwendet werden, allerdings besteht kein konkretes Beweisverwertungsverbot. Im Fall einer rechtswidrigen Übermittlung existiert keine geregelte Verfahrensweise.
Der Datenschutz und damit das Datenschutzrecht ist für Unternehmen heutzutage wichtiger denn je. Mit ihm einher kommen immer neue Herausforderungen, die ständig neue rechtliche Fragestellungen aufwerfen. Mit der neuen E-Evidence Verordnung, die bis 2026 verbindlich gelten wird, werden neue Problemfelder und Fragen aufgeworfen. Unsere Rechtsanwälte von SBS LEGAL beraten Sie gerne.
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