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| Wettbewerbsrecht

Werbung mit Selbstverständlichkeiten kann irreführend sein


Käufer sollen vor irreführender Werbung geschützt werden

Werbung fungiert als Informationsvermittlung und Konsumentenbeeinflussung. Dies ist den Unternehmen bekannt, weshalb sie auf unterschiedliche Strategien setzen, um ihre Produkte mittels Werbung besonders ansprechend darzustellen. Sie sind der Ansicht, dass eine besondere Hervorhebung in der Werbung zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit führe, was wiederum in einer Gewinnsteigerung resultiere. Damit hat die Werbung einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens. 

Allerdings ist nicht jede Werbeaussage auch gestattet. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet Vorgehensweisen, die einem Wettbewerber einen erheblichen Vorteil verschaffen. Dadurch soll ein fairer Wettbewerb garantiert werden. Handlungen, die Verbraucher in die Irre führen, sorgen für einen unlauteren Wettbewerb und werden daher untersagt. Zur Irreführung geeignet sind unwahre Tatsachen oder sonstige zur Täuschung geeignete Tatsachen gemäß § 5 Absatz 1 UWG. 

Käufer sollen vor irreführender Werbung geschützt werden. Dazu gehört, wenn  Unternehmen beispielsweise mit Selbstverständlichkeiten werben. Inwieweit dies zulässig ist, wird am Maßstab der §§ 5, 5a UWG gemessen.  

Denn die Werbung mit Selbstverständlichkeiten kann durchaus irreführend und damit unzulässig sein. Daher können Unternehmen, die mit Selbstverständlichkeiten werben, auch abgemahnt werden.


Was bedeutet das Werben mit Selbstverständlichkeiten?

Zwar werden bei der Werbung mit Selbstverständlichkeiten objektiv wahre Angaben getätigt, dennoch kann diese Art der Werbung unter irreführende geschäftliche  Handlungen nach § 5 UWG fallen. Die Kunden werden durch Werbung in die Irre geführt, wenn sie eine Entscheidung treffen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

Objektiv richtige Angaben sind ebenfalls in der Lage Verbraucher in die Irre zu führen, wenn es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt. Wird in der Werbung ein Kriterium besonders hervorgehoben, kann dies bei Verbrauchern den Eindruck erwecken, dass die beworbene Eigenschaft einzigartig und in keinem anderen Produkt als dem beworbenen Produkt zu finden sei. Obgleich es sich um eine nicht nennenswerte Selbstverständlichkeit handelt, die typischerweise zur Natur der angebotenen Sache gehört und bei anderen beworbenen Produkten ebenfalls vorkommt. Es muss ermittelt werden, inwieweit der angesprochene Käufer die benannte Eigenschaft als Vorteil im Vergleich zu anderen beworbenen Produkten ansieht.

Ein häufiger Anwendungsfall bei der Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist der Gebrauch von Werbeaussagen, die Verbraucherrechte thematisieren. Nach der sogenannten Schwarzen Liste, die sich im Anhang zu § 3 Absatz 3 UWG befindet, sind gewisse Werbeformen untersagt. Hiernach sei es unzulässig, gesetzlich vorgeschriebene Kriterien als besonderes Angebot zu bewerben.

Laut Bundesgerichtshof (BGH) ist ein Hervorheben der Selbstverständlichkeit nicht notwendig, um eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten anzunehmen. Wurde die Eigenschaft besonders hervorgehoben, führt dies jedoch durchaus zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit der potentiellen Käufer, wodurch sich das Risiko von Fehlinterpretationen erhöht. 

Unter welchen Ausnahmen ist die Werbung mit Selbstverständlichkeiten zulässig?

Erkennt der angesprochene Käuferkreis, dass die Werbeaussage eine reine Selbstverständlichkeit ist und ist somit eine Irreführung nicht zu befürchten, ist eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten zulässig. Hierfür muss die Werbeaussage beispielsweise durch Worte wie selbstverständlich kenntlich gemacht werden.

Zudem ist die Werbung mit Selbstverständlichkeiten zulässig, wenn eine Leistung beworben wird, die freiwillig erbracht, nicht gesetzlich verankert und typischerweise für das Wesen der Ware üblich ist, allerdings in der Branche gängig ist. Dann ist die Werbeaussage lediglich dazu bestimmt, um zu belegen, dass vom Händler die üblichen Leistungen angeboten werden. Dementsprechend ist es auch grundsätzlich zulässig, mit einer hohen Qualität oder einem niedrigen Preis zu werben.

Des Weiteren ist die Werbung mit Selbstverständlichkeiten als zulässig anzusehen, wenn die Marktgegenseite an der benannten Information interessiert ist oder die Werbung deutlich macht, dass der Händler auf seine beworbenen Dienstleistungen oder Produkte bloß näher eingeht, indem er beispielsweise auf dessen Vorzüge verweist. 

Die Werbung mit Selbstverständlichkeiten kann abgemahnt werden

Werbung mit Selbstverständlichkeiten verstößt gegen das Wettbewerbsrecht, wenn sie unlauter ist. Das werbende Unternehmen kann daraufhin durch einen Mitbewerber oder Wettbewerbsverband schriftlich abgemahnt werden, den Wettbewerbsverstoß zu unterlassen. Um einen Verstoß außergerichtlich zu behandeln, wird die Abmahnung gerne aufgrund ihrer kostengünstigen und unkomplizierten Natur gewählt.

Der Unterlassungsanspruch, der durch die Abmahnung geltend gemacht wird, bezweckt den Wettbewerbsverstoß zu beseitigen und für die Zukunft zu unterbinden. Es ist auch möglich einen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit einer vorformulierten strafbewehrten Unterlassungserklärung geltend zu machen, was erhebliche wirtschaftliche Folgen bedeutet. Dadurch wird bei einer erneuten Verstoß gegen das UWG eine Geldstrafe fällig.

Auf eine Abmahnung muss reagiert werden, da ansonsten rechtliche Schritte drohen. Für die richtige Vorgehensweise sollten Sie sich unbedingt anwaltlich beraten lassen, damit Sie keine voreiligen Zugeständnisse tätigen. Jeder Fall muss einzeln betrachtet werden. Nur so kann bestimmt werden, ob die Abmahnung berechtigt ist und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Welche Fallgruppen existieren bei der Werbung mit Selbstverständlichkeiten?

Es existiert eine Reihe von Beispielfällen zu der Werbung mit Selbstverständlichkeiten, wo die Werbeaussagen als unlauter entlarvt wurden. Bei jedem Einzelfall muss differenziert werden, ob irreführende oder nicht irreführende Werbung vorliegt. Die relevanten Fallgruppen sind auszugsweise wie folgt:

Die Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist irreführend, wenn mit Tatsachen oder Garantien geworben wird, die eine gesetzliche Pflicht darstellen, wie beispielsweise der versicherte Versand oder die 14-tägige Geld-zurück-Garantie. Den Verbrauchern wird ein selbstverständliches und nicht etwa ein freiwilliges Recht zugesprochen (Urteil des BGH vom 19.03.2014, Az. I ZR 185/12).

Des Weiteren wird eine gängige Praxis gerne als außergewöhnlich dargestellt. So ist beispielsweise die Kategorie Rezeptapotheke irreführend, da jede Apotheke verpflichtet ist, Rezepte entgegen zu nehmen.

Ebenso ist das Werben mit Kennezeichnungen wie der CE-Kennzeichnung irreführend, da es sich nicht etwa um ein Qualitätsmerkmal handelt, sondern vielmehr bedeutet, dass das Produkt mit den gesetzlichen Anforderungen übereinstimmt.

Auf der anderen Seite existiert aber auch Werbung mit Selbstverständlichkeiten, die nach der Rechtsprechung nicht irreführend ist:

Die Werbeaussagen Wir liefern frei Haus und Wir liefern sicher, günstig, schnell (Oberlandesgericht Frankfurt FRUR-RR 2021, 90) sind zulässig, da es keine Selbstverständlichkeit ist und nicht behauptet wird, dass vom Versandhändler das Versandrisiko getragen wird.


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