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Eine PKV-Tarifoptimierung hat das Ziel, die Kosten einer bestehenden privaten Krankenversicherung zu senken, ohne dabei an Leistungen zu verlieren. Auch die Frau in einem aktuellen Fall war bestrebt, ihre Beitragsvorteile zu nutzen und schloss mit ihrem Versicherungsmakler eine Honorarvereinbarung ab, der seinerseits ihren PKV-Tarif optimieren sollte. Allerdings entschied sie sich daraufhin, gemäß ihrem Widerrufsrecht von dieser Vereinbarung zurückzutreten.
Es folgte ein Rechtsstreit zwischen der Kundin und dem Versicherungsmakler, der bis zum Bundesgerichtshof (BGH) ging. Der BGH entschied dabei zugunsten des Maklers. Allerdings hat das Urteil einige Fallstricke, die künftig beachtet werden müssen.
Nach einem Gespräch vor Ort, also in ihren eigenen Geschäftsräumen, erteilte eine privat krankenversicherte Frau ihrem Versicherungsmakler den Auftrag, ihren aktuellen PKV-Tarif so zu optimieren, dass sie Kosten spart, ohne auf Leistungen verzichten zu müssen. Dazu schloss sie eine Honorarvereinbarung mit ihm ab. Das Honorar sollte 80 % der errechneten Jahresersparnis zuzüglich Mehrwertsteuer betragen – fällig innerhalb von 24 Monaten nach Änderungen oder Tarifumstellungen beim aktuellen Versicherer. Ausgeschlossen waren Neuabschlüsse bei anderen Gesellschaften.
Honorarvereinbarungen regeln die Vergütung für Leistungen, die über die klassische Vermittlung hinausgehen. Sie sind insbesondere bei Nettotarifen zulässig, bei denen keine Provisionen in die Versicherungsprämie eingerechnet sind. Die Vereinbarung muss schriftlich erfolgen, transparent gestaltet sein und darf nicht gegen das Provisionsabgabeverbot (§ 48b VAG) verstoßen. Für Verbraucher ist eine reine Honorarberatung nur im Zusammenhang mit einer Vermittlung erlaubt. Eine klare Vertragsgestaltung schützt vor rechtlichen Risiken.
Im Zuge des Auftrags entschied sich der Versicherungsmakler beim bisherigen Versicherer für einen günstigeren Tarif mit reduziertem Selbstbehalt. Ergänzend schloss er einen Vertrag bei einem anderen Anbieter ab. Für seine Arbeit stellte er insgesamt 1.947,82 € brutto in Rechnung. Dabei berücksichtigte er sowohl die Differenz der Beiträge als auch die Ersparnis durch den geringeren Selbstbehalt. Aus seiner Sicht war damit die PKV-Tarifoptimierung geglückt und abgeschlossen.
Zwar zahlte die Kundin, wollte aber im Anschluss von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen und verlangte die Rückzahlung des Maklerhonorars. Mehr als vier Jahre nach der Honorarvereinbarung erklärte die Frau mit einem Schreiben den Widerruf. Zuvor hatte die Klägerin einen Vollstreckungsbescheid erwirkt, dessen Zahlungsanspruch das Amtsgericht als berechtigt ansah. Der Versicherungsmakler legte daraufhin eine erfolglose Berufung beim Landgericht ein, setzte jedoch den Rechtsstreit so weit fort, dass der Fall schließlich vor dem Bundesgerichtshof landete.
Begründung des Vergütungsanspruchs des Versicherungsmaklers nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs):
5.2.1: Die Jahresersparnis ergibt sich ausschließlich aus der Differenz der monatlichen Versicherungsprämien zum Zeitpunkt der Vertragsumstellung, unter Einbeziehung abweichender Selbstbehalte.
5.2.2: Dafür wird der monatliche Beitrag nach der Umstellung vom vorherigen Beitrag abgezogen und mit 12 multipliziert. Maßgeblich sind ausschließlich die im Versicherungsschein genannten Beträge. Anschließend wird die Differenz der Jahresselbstbehalte, die durch die Umstellung entstehen kann, vom Ergebnis abgezogen.
Im April 2024 kam der Bundesgerichtshof zu der Entscheidung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rückzahlung des Honorars hat. Der Fall wurde zur weiteren Klärung an das Landgericht zurückverwiesen.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts war ein wirksamer Widerruf der Honorarvereinbarung gemäß § 312g BGB ((1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu) nicht möglich. Die Vorschrift findet nach § 312 Abs. 6 BGB (Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b) in diesem Fall keine Anwendung.
Verbraucher haben grundsätzlich das Recht, Verträge zu widerrufen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden. Für Versicherungsverträge und deren Vermittlung gilt jedoch eine gesetzliche Ausnahme. Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil klar, dass die Regelung des § 312 Abs. 6 BGB, welche das Widerrufsrecht für solche Verträge ausschließt, nicht im Sinne der EU-Richtlinien dahingehend ausgelegt werden kann, dass ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB doch besteht. Eine unionsrechtliche Verpflichtung, ein Widerrufsrecht für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Versicherungsvermittlungsverträge vorzusehen, existiert nicht.
Laut Urteil des Bundesgerichtshofs gilt das Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen lediglich für Abschlüsse, die über das Internet, per Post oder telefonisch erfolgen. Eine Ausweitung auf Haustürgeschäfte ist im deutschen Recht nicht vorgesehen. Der BGH betonte zudem, dass diese Regelung im Einklang mit den EU-Richtlinien steht.
Weiterhin führt der BGH die nachfolgenden Punkte in seinem Urteil auf:
Einordnung des Vertrags als Versicherungsvermittlungsvertrag
Der BGH stellte klar, dass die Tätigkeit des Maklers als Versicherungsvermittlungsvertrag einzuordnen ist, da der Auftrag lediglich auf einen Tarifwechsel nach § 204 VVG beim selben Versicherer abzielte und nicht auf einen neuen Vertrag mit einem anderen Anbieter.
Überprüfung von Tarifen und rechtliche Zulässigkeit
Die im Rahmen des Widerrufs diskutierte Prüfung der Tarife beim bisherigen Versicherer war zulässig. Der BGH sieht diese Überprüfung als Nebenleistung zur Maklertätigkeit, die gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt und Bestandteil des Berufsbildes eines Versicherungsmaklers ist.
Fehlerhafte Vergütungsberechnung und unwirksame AGB
Trotz der Frage eines möglichen Widerrufs hat der Makler keinen Anspruch auf die volle Vergütung. Seine AGB zur Honorarberechnung wurden wegen mangelnder Transparenz als unwirksam eingestuft. Der BGH kritisierte, dass die AGB vorsahen, die Differenz der Jahresselbstbehalte von der Differenz der Prämien abzuziehen. Tatsächlich addierte der Makler diese Beträge jedoch, was einen Widerspruch zu den AGB und eine unzulässige Auslegung zu seinen Gunsten darstellte.
Ob die AGB wirksam Bestandteil des Vertrags waren, blieb letztlich offen. Nun geht der Fall zurück ans Landgericht, das prüfen muss, ob die PKV-Tarifoptimierung tatsächlich Einsparungen erzielt.
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Das Urteil des BGH macht deutlich, dass Versicherungsmakler bei Honorarvereinbarungen auf klare und transparente Regelungen achten müssen, um deren Wirksamkeit zu gewährleisten. Besonders bei Tarifwechseln ist eine nachvollziehbare Berechnung der Vergütung unerlässlich. Gleichzeitig bestätigten die Richter, dass die Überprüfung von Tarifen beim bisherigen Versicherer eine zulässige Nebenleistung darstellt und ein Widerruf solcher Vereinbarungen gemäß § 312 Abs. 6 BGB ausgeschlossen bleibt.
Zudem wiesen die BGH-Richter die Behauptung der Klägerin zurück, der Makler habe zusätzlich eine Vergütung vom Versicherer für den Tarifwechsel erhalten. Sie hielten es für unplausibel, dass ein Versicherer durch eine Provision für Bestandsbetreuung einen Wechsel fördern würde, der zu geringeren Einnahmen führt.
BGH, Urteil vom 04. 04.2024 – Az. I ZR 137/23 (Zum Urteil)
Vorinstanzen: LG Traunstein, Entscheidung vom 05.09.2023 – Az. 2 S 2447/22
AG Traunstein, Entscheidung vom 13.10.2022 – Az. 319 C 128/22
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