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Das OLG Hamburg gab der Klägerin in seinem Beschluss vom 02.09.2020 (Az.: 3 U 205/19) recht, dass die Bezeichnung „Klinik“ für eine ärztliche Gemeinschaftspraxis verwirrend wirken könnte, wenn es an einer stationären Aufenthaltsmöglichkeit fehle. Das OLG Hamburg wies damit die Berufung der Beklagten zurück. Im Jahr zuvor hatte nämlich bereits das LG Hamburg über den Fall geurteilt und der Unterlassung des Wettbewerbsverstoßes zugestimmt.
Wer möchte schon von Werbung in die Irre geführt werden? Gerade im medizinischen Bereich ist dies besonders ärgerlich. Genauso sah es auch die Wettbewerbszentrale:
Sie verklagte HNO-Ärzte auf Unterlassung ihre Praxis als Klinik zu bewerben. Dies sei für Verbraucher irreführend, da sich in den Räumen keine Übernachtungsmöglichkeiten befinden und es sich daher um eine Praxis handle. Die Beklagte betrieb eine interdisziplinäre Gemeinschaftspraxis bei der sowohl medizinische Leistungen als auch Dienstleistungen der Bereiche Logopädie, Gesangspädagogik, Stimmcoaching und Osteopathie mit psychotherapeutischem Hintergrund angeboten werden. Sie kooperierte zusätzlich auch mit einer Klinik.
Im Internet, auf Flyern, sowie in den Praxisräumen hatte sich die Beklagte selbst als „Deutsche Stimmklinik“ bezeichnet. Sie trug vor, dass es im internationalen Raum üblich sei von einer (Voice) Clinic in ihrem Bereich zu sprechen.
Die Klägerin stieß sich zudem an dem Wort „Deutsche“. Diese Bezeichnung sei nur bei einem Zusammenschluss mehrerer Praxen, die in einer Vielzahl von Städten in Deutschland vertreten seien, gerechtfertigt. Die Mediziner hielten dagegen, dass sie in Deutschland eine einmalige Behandlung anwenden, die aus medizinischen und nicht medizinischen Dienstleistungen besteht.
LG Hamburg hatte im Urteil vom 15.11.2019 (Az: 315 O 472/18) entschieden, dass eine Irreführung der Verbraucher vorliege und die Bezeichnung „Deutsche Stimmklinik“ somit wettbewerbswidrig sei.
Der Begriff Klinik wecke nämlich bei den Verbrauchern die Erwartung, dass es sich bei der Einrichtung um ein Krankenhaus oder zumindest um die Abteilung eines Krankenhauses handle, wo Betten und eine stationäre Versorgung aufzufinden seien. Dies liegt hier jedoch nicht vor.
Auch die Bezeichnung Voice Clinic, aus dem die Beklagte das Wort Klinik abgeleitet hatte, meint im europäischen Raum die Abteilung eines Krankenhauses, was die Beklagte jedoch nicht ist. Zudem ändere der Kooperationsvertrag mit einer Klinik, die sich auf demselben Gelände wie die Praxis der Beklagten befindet, nichts an der Tatsache, dass sie selbst keine Klinik sei. Das Angebot der stationären Versorgung geht nämlich von der Klinik und nicht von der Gemeinschaftspraxis an sich aus.
Des Weiteren hatte sich die Beklagte selbst auf ihrer Website stimmklinik.de als „Privatpraxis“ benannt und Bezeichnungen wie „Praxisteam“ oder „eine der spannendsten Praxen in Hamburgs“ für sich verwendet.
Im Beschluss des OLG Hamburg heißt es, dass die Allgemeinheit bei dem Wort den gesundheitlichen Aspekt der Angabe erkennen und „Klinik“ mit einer Krankenhauseinrichtung in Verbindung bringe, wo Betten für einen stationären Aufenthalt zu finden seien. Dies habe schon das LG Hamburg richtig eingeschätzt.
Die Beklagten hatten vorgetragenen, dass die Verkehrserwartung bei dem Begriff von einer stationären und nicht ambulanten Möglichkeit ausgehe. Man kann die Stimme schließlich nicht betten. Zudem könne der angesprochene Verbraucher aus dem Bestandteil „Stimm“ des Determinativkompositums „Stimmklinik“ herauslesen, dass bei der Behandlung mit keiner stationären Behandlung zu rechnen sei.
Das OLG Hamburg wies darauf hin, dass sich das Wort Klinik aus einer aus dem Griechischen kommende tradierte Bezeichnung ableiten ließe, die als Synonym für ein Krankenhaus oder dessen Abteilung stehe. Für die Ansicht, dass der Begriff „Klinik“ sich im Wandel befinde, sind keine Belege zu finden.
Der Kläger hatte vorgetragen, dass sich Patienten nicht mit den organisatorischen Hintergründen eines stationären Aufenthalts beschäftigen. Dem widersprach das OLG Hamburg jedoch. Die Verbraucher schenken einer Klinik wegen ihrer Organisation und Größe ein erhöhtes Vertrauen. Eine solche Ausstattung, wie die Bereitstellung von Betten zur stationären Aufnahme der Patienten über Nacht, kann man bei den Beklagten jedoch nicht vorfinden.
Der Unterlassungsanspruch der Wettbewerbszentrale bleibt bestehen. Den Ärzten ist somit weiterhin untersagt mit „Deutsche Stimmklinik“ zu werben.
Werbung ist ein wesentlicher Faktor für die Kaufentscheidung eines Verbrauchers. Deswegen ist es auch so wichtig, dass sie keine irreführenden oder gar grob falschen Angaben enthält und also der faire Wettbewerb eingehalten wird. Dafür sind gewisse „Spielregeln“ unerlässlich – rechtlich gesprochen das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ (UWG).
Sehen auch Sie in Ihrer Branche den lauteren Wettbewerb durch wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen beeinträchtigt? Dann sind Sie genau richtig bei uns: Kontaktieren Sie uns gern – wir helfen Ihnen und Ihrem Unternehmen weiter!
André Schenk, LL.M.Eur. (Rechtswanwalt für Wettbewerbsrecht und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz)
Moritz Braun (Rechtswanwalt für Wettbewerbsrecht und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz)
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