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Beleidigung - was ist das genau?


Anzeige wegen Beleidigung oder ist das Meinungsfreiheit?

Sie ist dort, wo kommuniziert wird: Privat oder beruflich, im Internet oder auf der Straße. Jeder kennt die Beleidigung aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen. Die Beleidigung ist ein Angriff auf die Ehre und gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB) eine Straftat. Was aber genau unter einer Beleidigung zu verstehen ist, ließ der Gesetzgeber offen. Aus diesem Grund besteht die Schwierigkeit, die Beleidigung von der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) abzugrenzen. Hier stellt sich die Frage: Wo hört Meinungsfreiheit auf und wo fängt Beleidigung an?

Begehungsformen der Beleidigung

Was genau ist die Definition einer Beleidigung? Beleidigungen setzen grundsätzlich eine Äußerung voraus, mit denen eine erhebliche Missachtung oder Geringschätzung eines Anderen zum Ausdruck gebracht wird.

Unter dem strafrechtlichen Schutz stehen nach der Rechtsprechung nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Personengemeinschaften und Verbände unter Einschluss von Kapitalgesellschaften (z.B. auch politische Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Industrie- und Handelskammern).

Der Betroffene muss von der Äußerung Kenntnis erlangt und sie in ihrem beleidigenden Sinn aufgefasst haben. Eine Äußerung in einer ihm unbekannten Sprache genügt nicht. Die Äußerung kann wörtlich, schriftlich, bildlich oder durch schlüssige Handlungen erfolgen. Beleidigende Gesten sind beispielsweise das Zeigen des Mittelfingers, oder Zeigen eines Vogels. 

Tatsache oder Werturteil?

Bei der Äußerung muss es sich um ein herabsetzendes Werturteil handeln.

Ein Werturteil ist der Wahrheitsprüfung nicht zugänglich. Wenn A zu B sagt: „Du bist ein Idiot!“, dann ist das eine subjektive Meinungsäußerung, die objektiv nicht auf „wahr“ oder „falsch“ zu überprüfen ist. Eine Beleidigung kann zudem auch durch die Äußerung herabsetzender Werturteile über den Betroffenen gegenüber Dritten erfolgen, zum Beispiel A sagt zu C: „B ist ein Idiot!“ [BVerfG, Beschluss vom 28.09.2015, Az. 1 BvR 3217/14].

Ehrverletzende Tatsachenbehauptungen sind hingegen nur als Beleidigung anzusehen, wenn sie direkt gegenüber dem Betroffenen selbst geäußert werden. Bei einer Äußerung gegenüber Dritten kommen dagegen die Straftatbestände der üblen Nachrede (§ 186 StGB) und der Verleumdung (§ 187 StGB) in Betracht.

Eine Tatsachenbehauptung lässt sich objektiv direkt nachprüfen. Wenn A zu B sagt: „Du bist ein Betrüger!“, obwohl B tatsächlich niemals einen Betrug begangen hat, handelt es sich um eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung [vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.04.1994, Az. 1 BvR 23/94 – Auschwitzlüge, BVerfG, Beschluss vom 16.03.2017, Az. 1 BvR 3085/15].

Beleidigungen: Abgrenzung zur Meinungsfreiheit

Nach Art. 5 Abs. 1 GG hat jeder „das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […]“, was zugleich auch heißt, dass Menschen auch schlechte Meinungen voneinander haben und äußern dürfen. Problematisch ist oft die Abgrenzung zu den ehrverletzenden Äußerungen. Unter die zahlreichen Grenzfälle fallen auch die medienwirksamen Verfahren gegen Jan Böhmermann aufgrund eines „Schmähgedichtes“ über den türkischen Präsidenten Erdoğan. 

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich bereits mehrfach mit dieser Problematik befasst und zuletzt über vier Verfassungsbeschwerden entschieden, die sich jeweils gegen strafrechtliche Verurteilungen wegen Beleidigung richteten [BVerfG, Beschlüsse vom 19. Mai 2020 – 1 BvR 2459/19 – 1 BvR 2397/19 – 1 BvR 1094/19 und 1 BvR 362/18].

Ob eine Beleidigung vorliegt, ist nach dem BVerfG durch eine Abwägung zwischen persönlicher Ehre und Meinungsfreiheit festzustellen. Dabei sollen die konkreten Umstände einer Äußerung und ihre Bedeutung mit einbezogen werden. Überwiegt in der konkreten Situation das Gewicht der persönlichen Ehre die Meinungsfreiheit des Äußernden, sei eine Beleidigung nach § 185 StGB anzunehmen.  

Das BVerfG hält eine Abwägung zwischen persönlicher Ehre und Meinungsfreiheit nur bei drei Fallgruppen für entbehrlich, in denen die Meinungsfreiheit stets zurücktrete: Bei Formalbeleidigungen, Schmähkritik oder wenn Äußerungen die Menschenwürde antasten. Letzteres ist der Fall, wenn eine Äußerung einer konkreten Person den ihre menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit abspreche.

Formalbeleidigung: Äußerung, bei der durch die Form oder Begleitumstände eine selbstständige, nicht durch wahre Tatsachen gedeckte beleidigende Wertung zum Ausdruck kommt (z.B. „Drecksau“, „Idiot“).

Schmähkritik: Äußerung, bei der nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik, die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (z.B. „ausgemolkene Ziege“).


Maßstäbe des BVerfG

Konkretisierend legte das BVerfG weitere Maßstäbe fest:

  1. Das Gewicht der Meinungsfreiheit sei umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten und umso geringer, je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die „emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen“ geht. In diesen Fällen sei zu berücksichtigen, ob die Privatsphäre des Betroffenen oder sein öffentliches Wirken Gegenstand der Äußerung ist.
  2. Die persönliche Ehre wiege mehr, wenn die Aussage nur auf den Einzelnen abzielt, um sein soziales Ansehen herabzusetzen und nicht grundlegend alle Menschen gleichermaßen betrifft. Wenn ein soziales Phänomen kritisiert wird, dürfe die Wortwahl entsprechend heftiger ausfallen als bei Kritik gegen eine konkrete Person.
  3. Zu berücksichtigen sei auch, in welcher Situation die Äußerung fiel: Handelt es sich um eine Äußerung in einem hitzigen Wortgefecht oder ist sie nach „längerem Vorbedacht“ gefallen?
  4. Ebenso entscheidend sei, ob es einen nachvollziehbaren Anlass für die Äußerung gab und in welcher Reichweite sie verbreitet wurde. Wenn nur ein kleiner Personenkreis von einer ehrbeeinträchtigenden Äußerung Kenntnis erlangt, dann sei die Beeinträchtigung der Ehre nicht so stark wie in Fällen, in denen ein großer Kreis von Personen sie wahrnimmt, wie es in sozialen Netzwerken im Internet der Fall sei.

Folgen einer Beleidigung - Anzeige oder Strafverfolgung?

Eine Beleidigung wird strafrechtlich mit Freiheitsentzug bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet. Damit die Tat verfolgt wird, hat der Verletzte innerhalb von drei Monaten ab Kenntniserlangung einen Strafantrag zu stellen.

Neben strafrechtlichen Folgen kann eine Beleidigung auch zivilrechtliche Ansprüche nach sich ziehen. Bei einer Beleidigung im beruflichen Umfeld können arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. Je nach Schwere der Ehrverletzung stehen den Betroffenen Schadensersatzansprüche gegen den Äußernden zu. In Betracht kommen – vor allem im Internet – Unterlassungsansprüche gegen den Äußernden oder Löschungsansprüche gegen den Website-Betreiber.


SBS LEGAL - Anwalt für Reputationsrecht

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