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Das Biozidrecht


Biozide sind Substanzen und Produkte, die Schädlinge und Lästlinge wie Insekten, Mäuse oder Ratten, aber auch Pilze oder Bakterien bekämpfen. In der Europäischen Union gibt es eine eigene Rechtsverordnung, welche das Inverkehrbringen von Biozidprodukten regelt. Diese gilt in Deutschland als unmittelbares Recht. Allerdings ist der Umgang mit dieser Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Biozidverordnung) nicht einfach, weshalb sich eine rechtliche Beratung empfiehlt.

Schutzzweck des Biozidrechts

Die Biozidverordnung hält zunächst fest, dass Biozide zur Bekämpfung von für die Gesundheit von Mensch oder Tier schädlichen Organismen und zur Bekämpfung von Organismen, die natürliche oder gefertigte Materialien schädigen, notwendig sind. Sie können jedoch aufgrund ihrer Eigenschaften ein gewisses Risiko für Mensch, Tier und Umwelt darstellen. Darum muss es ein Biozidrecht geben, welches klare Regeln schafft.

Zweck der Biozidverordnung ist es, den freien Verkehr von Biozidprodukten innerhalb der Union zu verbessern und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt zu gewährleisten. Hierbei sollen besonders gefährdete Gruppen, wie Schwangere oder Kinder, umso mehr berücksichtigt werden.

Die Verordnung definiert Biozidprodukt als jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch, der/das aus Stoffen oder Gemischen erzeugt wird […] und der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen.

Biozide im Umlauf

Eine große Herausforderung des Biozidrechts ist der Umgang mit alten Wirkstoffen, die sich zum Zeitpunkt des 14. Mai 2000 in Biozidprodukten auf dem Markt befanden. Hierzu wurde ein Altwirkstoffprogramm geschaffen, um solche Umlaufwirkstoffe zu überprüfen. Diese Überprüfung sollte eigentlich im Jahre 2010 abgeschlossen sein – doch wie sich hier schon zeigt, ist das Biozidrecht nicht einfach umzusetzen. Die Frist wurde erst auf das Jahr 2014 verlängert und dann nochmal auf 2024.

Enthält ein Biozidprodukt ausschließlich solche Altwirkstoffe, sind sie frei vertriebsfähig, solange noch keine Entscheidung über die Genehmigung getroffen wurde. Sie müssen dann jedoch bei der Bundesstelle für Chemikalien der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin angemeldet werden.

Nach Artikel 89 Abs. 3 der Biozidverordnung muss, um eine Zulassung für Biozidprodukte aus reinen Altwirkstoffen zu beantragen, spätestens bis zu dem Zeitpunkt der Genehmigung des Wirkstoffs oder der Wirkstoffe bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ein Antrag auf Zulassung gestellt werden. Enthalten Biozidprodukte mehr als einen Wirkstoff, sind Zulassungsanträge spätestens zu dem Zeitpunkt der Genehmigung des letzten Wirkstoffs für diese Produktart zu stellen. Ansonsten darf das Produkt 180 Tage nach Genehmigungszeitpunkt nicht mehr auf dem Markt bereitgestellt werden. 365 Tage nach Genehmigungszeitpunkt müssen selbst Lagerbestände beseitigt sein.


Genehmigungsverfahren für Wirkstoffe

Ohne eine Genehmigung von der zuständigen Stelle darf ein Biozidprodukt nicht zugelassen werden. Hierfür müssen zunächst bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) Unterlagen eingereicht werden, welche Informationen über den Biozidwirkstoff sowie ein damit hergestelltes Produkt enthalten. Darin wird auch eine nationale Behörde vorgeschlagen, die den Wirkstoff und das Produkt bewerten soll und die dieser Bewertung schon zugestimmt hat.

Nimmt die ECHA den Antrag an, werden die Unterlagen von der nationalen Behörde zunächst auf ihre Vollständigkeit hin überprüft. Hier kann der Antrag gegebenenfalls dann noch vervollständigt werden. Ist er vollständig, muss der Antragsteller eine entsprechende Gebühr entrichten, damit es weitergeht.

Ist das geschafft, beginnt der Hauptteil der Prüfung. Die zuständige Behörde nimmt sich bis zu 365 Tage Zeit, um den Wirkstoff und das Produkt zu beurteilen. Diese Frist kann um maximal 180 Tage verlängert werden, wenn das notwendig sein sollte. Die Behörde und danach noch einmal die EU-Kommission entscheiden dann über die Genehmigung. Eine Genehmigung erfolgt immer für eine oder mehrere Produktarten, von denen es ganze 22 gibt.

Zulassung von Biozidprodukten

An die Genehmigung schließt sich sie Zulassung an. Hierbei hat man die Wahl, ob das Produkt national oder unionsweit zugelassen werden soll. Mit ersterem beschäftigt sich die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, mit letzterem die ECHA selbst. Außerdem kann die Zulassung für ein einziges Biozidprodukt oder für eine Biozidproduktfamilie erteilt werden. Das sind Produktgruppen, die sich durch nebensächliche Merkmale wie Duft- oder Farbstoffe unterscheiden.

Damit ein Produkt oder eine Produktfamilie zugelassen wird, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Neben der Genehmigung der Wirkstoffe werden bspw. die möglichen Nebenwirkungen genau überprüft. Die Behörde muss zu dem Schluss kommen, dass die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Biozidprodukts abschließend ermittelt wurden und für eine sachgemäße Verwendung und Beförderung dieses Produkts annehmbar sind.

Die Zulassung selbst wird mit einer Reihe von Bedingungen erteilt, die eingehalten werden müssen. Darunter zählen bspw. Lagerungsbedingungen, welche Rücksicht auf die individuellen Eigenschaften und Risiken des Biozidproduktes oder der Biozidproduktfamilie nehmen.

Dossiers

Für jeden Wirkstoff, der zwecks Verwendung in Biozidprodukten hergestellt oder eingeführt wird, müssen Dossiers oder Zugangsbescheinigungen zu einem Dossier oder zu einschlägigen Daten in einem Dossier vorhanden sein. Grund dafür ist die sog. Artikel 95-Liste. Seit dem 1. September 2015 dürfen nur noch solche Biozidprodukte vermarktet werden, die Wirkstoffe enthalten, deren Hersteller oder Importeur bei der Europäischen Chemikalienagentur gelistet ist.

Unter einem Dossier versteht man allgemein eine Sammlung von Dokumenten zu einem bestimmten Thema, in diesem Fall geht es um eine wissenschaftliche Darstellung des Wirkstoffes. Dieses muss vollständig sein, damit alle Faktoren wie bspw. die Wirksamkeit oder die Nebenwirkungen beurteilt werden können.

Sonderstellung für bestimmte Herstellungsverfahren

Eine biozidrechtliche Sonderstellung nehmen bestimmte Herstellungsverfahren an, die bei Erlass der alten Biozidrichtlinie am 16. Februar 1998 noch keine Berücksichtigung fanden. Das betrifft vor allem die Herstellung von bioziden Wirkstoffen unmittelbar vor Ort (sog. in situ). So war die ausschließliche Herstellung von Biozidwirkstoffen vor Ort ohne Vorläufersubstanzen(sog. Precursor) nicht erfasst.

In der Biozidverordnung hingegen wird gemäß Artikel 1 Abs. 2 lit. d ausdrücklich festgehalten, dass auch die ausschließliche Verwendung von Biozidprodukten erfasst ist. Verwendung wird dabei in Artikel 3 Abs. 1 lit. k weit definiert, nämlich als „alle mit einem Biozidprodukt durchgeführten Maßnahmen, einschließlich Lagerung, Handhabung, Mischung und Anwendung, außer Maßnahmen, die zur Ausfuhr des Biozidprodukts oder der behandelten Ware aus der Union stattfinden.“

Damit sind nun auch alle vor Ort hergestellten Biozide erfasst. Das betrifft bspw. das aus Luft und Wasser generierte Ozon. Dabei ist sind allerdings stets die Genehmigungsvorschriften zu beachten. Auch beim in situ-Verfahren muss die entsprechende Kombination aus Wirkstoff und Precursor auf europäischer Ebene genehmigt und das Biozidprodukt zugelassen worden sein.


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