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Das Gruppenarbeitsverhältnis


Mit der Entwicklung der Gesellschaft und dem Übergang von der Industrialisierung zur Digitalisierung haben sich auch die Anforderungen von Arbeitnehmern an ihre potenziellen Arbeitgeber erweitert. Als Antwort auf eine bessere Work-Life-Balance und mehr Flexibilität haben sich neue Arbeitsmodelle und Arbeitsverhältnisse herauskristallisiert, die oft eine Zusammenarbeit von Arbeitnehmern beinhalten. Eines von ist das Gruppenarbeitsverhältnis.

Was ist ein Gruppenarbeitsverhältnis?

Ein Gruppenarbeitsverhältnis liegt vor, wenn mehrere Arbeitnehmer im Rahmen einer Arbeitsgruppe gemeinsam eine bestimmte Leistung erbringen. Die Arbeitsleistung wird hierbei gemeinsam geschuldet und erbracht, da die Arbeitnehmer ein gemeinsames Ziel verfolgen.

 

Betriebsgruppe und Eigengruppe

Im Rahmen des Gruppenarbeitsverhältnisses ist zwischen der Betriebsgruppe und der Eigengruppe zu unterscheiden.

Eine Betriebsgruppe wird durch den Arbeitgeber selbst gebildet und verfolgt das Ziel, einen höheren Arbeitserfolg zu erreichen. Um diesen Zweck zu erreichen, werden mehrere Arbeitnehmer, die zuvor schon einen eigenen und von den anderen Arbeitnehmern unabhängigen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber vereinbart haben, zusammengeführt. Sie verrichten die Arbeitsleistung gemeinsam. Zwar kann man diesen Zusammenschluss als eine Gemeinschaft klassifizieren, es ist jedoch zu beachten, dass die Arbeitnehmer aufgrund ihrer individuellen und unabhängigen Arbeitsverhältnisse mit dem Arbeitgeber grundsätzlich einen eigenen Entgeltanspruch gegen diesen haben. Es erfolgt keine gemeinsame Gruppenentlohnung, die im Nachhinein aufgeteilt werden muss, außer, die Arbeitnehmer bestehen drauf und vereinbaren dies vertraglich.

Aufgrund dieser grundsätzlichen Unabhängigkeit sind die Arbeitnehmer bei der Gestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse nicht auf die anderen angewiesen, das bedeutet, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers aus der Betriebsgruppe keine rechtliche Auswirkung auf die Arbeitsverhältnisse der übrigen Arbeitnehmer hat.

Erbringen einzelne Gruppenmitglieder ihre Leistung mangelhaft, etwa durch Nicht- oder Schlechtleistung, und entsteht dem Arbeitgeber durch diese mangelhafte Leistung ein Schaden, so kann er diese einzelnen Gruppenmitglieder im Rahmen der Grundsätze über die Haftung des Arbeitnehmers auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Haben die Gruppenmitglieder vertraglich eine gemeinsame Gruppenentlohnung vereinbart, so haften sie in dem Fall als Gesamtschuldner, da jedes Gruppenmitglied dafür einsteht, dass der andere eine sachgemäße Arbeitsleistung erbringt.

Eine Eigengruppe hingegen entsteht durch die Eigeninitiative von mehreren Arbeitnehmern mit der Absicht, eine gemeinsame Arbeitsleistung zu erbringen und diese Dienstleistung dann dem Arbeitgeber anzubieten. Dieser Zusammenschluss erfolgt also nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber grundsätzlich auch nicht auf die Bildung und Zusammensetzung einer Eigengruppe einwirken kann. Aufgrund dessen ist die Eigengruppe allerdings auch rechtlich anders zu behandeln. Ein Beispiel ist hierbei die Kündigung: Diese kann nur durch und gegen die gesamte Eigengruppe erfolgen.

Welches Rechtsgebilde der Eigengruppe zugrunde liegt, richtet sich nach dem Gruppenvertrag. Die Gruppenmitglieder können eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne des § 705 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vereinbaren, oder auch einen (nicht-)rechtsfähigen Verein, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder eine Genossenschaft. Die Eigengruppe kann sowohl als Gruppe eine Rechtsbeziehung zum Arbeitgeber schaffen, als auch Arbeitsverhältnisse zwischen individueller Gruppenmitglieder und dem Arbeitgeber begründen. Ist ersteres der Fall, so kann diese Rechtsbeziehung als Dienst-, Werk- oder Dienstverschaffungsvertrag subsumiert werden. Ordnet man diese Rechtsbeziehung als Dienst- oder Werkvertrag ein, können die Regelungen des Arbeitsrechts nicht angewendet werden.

Anders ist es bei einem Dienstverschaffungsvertrag: Liegt eine solche Ausgestaltung vor, kann auch ein mittelbares Arbeitsverhältnis zwischen den Mitgliedern und dem Arbeitgeber angenommen werden.

Besteht die Rechtsbeziehung ausschließlich zwischen der Eigengruppe und dem Arbeitgeber, so muss die Eigengruppe einen Gruppensprecher benennen, welcher dann das Direktionsrecht innehat. Trotz dieses Direktionsrechts müssen sich die Mitglieder im Rahmen dieser Rechtsbeziehung an die Betriebsvorschriften des Arbeitgebers im Betrieb halten.

Wann liegt ein mittelbares Arbeitsverhältnis vor?

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil das Vorliegen eines mittelbaren Arbeitsverhältnis bestätigt, in dem ein Mittelmann, der seinerseits selbst ein Arbeitnehmer eines Dritten ist, einen Arbeitnehmer beschäftigt und die Arbeit mit Wissen des Dritten unmittelbar für diesen geleistet wird, ohne dass ein unmittelbarer Arbeitsvertrags zwischen dem Dritten und diesem mittelbaren Arbeitnehmer zustande kommt. Der Mittelmann kann den Arbeitnehmer somit nicht zu einem unmittelbaren Arbeitnehmer des Dritten machen. In diesem Zusammenhang entsteht aber auch die Fürsorgepflicht des Dritten, der gemäß § 618 BGB notwendige Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit des mittelbaren Arbeitnehmers ergreifen muss.

Verzug, Unmöglichkeit und Schlechterfüllung bei der Eigengruppe

Besteht eine Rechtsbeziehung zwischen der Eigengruppe und dem Arbeitgeber und kommt es zu Leistungsstörungen, wie dem Verzug, der Unmöglichkeit oder der Schlechterfüllung der Leistungspflicht, so haftet die Eigengruppe als Gesamtschuldner und der Arbeitgeber kann diese in Anspruch nehmen. Liegen aber Rechtsbeziehungen zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern und dem Arbeitgeber vor und entsteht in eines dieser Verhältnisse ein Schaden, der auf eine mangelhafte Leistungserbringung zurückzuführen ist, hat der Arbeitgeber das Direktionsrecht und kann sich an das einzelne Gruppenmitglied halten, sofern es keine zusätzliche Rechtsbeziehung mit der Eigengruppe gibt.

Entlohnung der Eigengruppe

Die Entlohnung der Eigengruppe ist vergleichbar mit der gemeinsamen Gruppenentlohnung bei der Betriebsgruppe, die vertraglich vereinbart werden kann. Das Entgelt kann sowohl als Ganzes an die Eigengruppe gezahlt werden, als auch an die einzelnen Gruppenmitglieder. Entscheiden sich die Beteiligten für eine Gruppenentlohnung, steht jedem Gruppenmitglied ein Auseinandersetzungsanspruch zu. Besteht hingegen ausschließlich Rechtsbeziehungen zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern und dem Arbeitgeber, so steht jedem einzelnen Gruppenmitglied ein eigener Entgeltanspruch zu.

Vor- und Nachteile des Gruppenarbeitsverhältnisses aus verschiedenen Perspektiven

Die Gruppendynamik ist dafür bekannt, die Gruppenmitglieder bei der Arbeitsbewältigung zu motivieren und zu stärken. Nicht anders ist es bei Gruppenarbeitsverhältnissen, denn diese Zusammenarbeit verspricht eine gegenseitige Unterstützung, da die Gruppenmitglieder ein gemeinsames Ziel verfolgen. Nicht zuletzt wird durch den Ideenaustausch und kreative Lösungen gemeinsam die Produktivität gesteigert. Dies ist auch zurückzuführen auf die Vielfältigkeit der Gruppenmitglieder, die eine breite Palette an Kompetenzen mit sich bringt.

Jedes einzelne Gruppenmitglied kann seine Expertise durch die Zusammenarbeit erweitern und auch neue Perspektiven entdecken.

Auch sind es diese unterschiedlichen Perspektiven, die dem Arbeitgeber vielfältige Leistungen erbringen und die Innovation des Unternehmens steigern können. Durch die Zusammenarbeit werden die Ressourcen des Arbeitgebers besser genutzt und die Effizienz wird gesteigert.

Doch die Gruppendynamik und die Zusammenarbeit kann auch Probleme schaffen. Die vielfältigen Lösungsvorschläge stammen von vielfältigen Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Ansichten. Um die Arbeitsleistung nicht zu beeinträchtigen, sollten Wege eingeschlagen werden, um Konflikte vorzubeugen. Zu Frustrationen kann es auch kommen, wenn sich einzelne Mitglieder auf die Leistungen der anderen verlassen und ihre eigenen Pflichten vernachlässigen. Dies findet sich auch in der Abhängigkeit von anderen, welches charakteristisch für Gruppenarbeiten ist, wieder.  


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