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Unter Einfluss der Digitalisierung und des Gesellschaftswandels entstehen zunehmend neue Beschäftigungsformen, fernab von den klassischen Arbeitsverhältnissen, die man kennt. Die freie Mitarbeit, oftmals auch als Freelance bekannt, erfreut sich insbesondere in kreativen Berufen, aber auch in der IT-Branche und Consulting, über große Beliebtheit. Was die freie Mitarbeit ist, wieso sie so verlockend erscheint, aber auch arbeitsrechtliche Risiken birgt, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Im Rahmen der freien Mitarbeit werden selbstständige Personen durch die Übernahme von einzelnen Aufträgen tätig. Freien Mitarbeitern ist die Übernahme von Aufgaben freigestellt, somit entscheiden sie selbst, ob sie die Aufträge übernehmen und ausführen. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass sie keinen Rechtsanspruch auf die Vermittlung bzw. Übernahme eines Auftrags haben, denn für die freie Mitarbeit ist kennzeichnend, dass sie in keinem festen und dauernden Beschäftigungsverhältnis mit dem Auftraggeber stehen und, im Gegensatz zu Arbeitnehmern, keinen Anspruch auf die Erbringung von Leistungen haben.
Die freie Mitarbeit ist zwar dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht im Rahmen eines dauernden Festanstellungsverhältnisses erfolgt, aber für die Abgrenzung zum klassischen Arbeitnehmer ist der in §611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) legaldefinierte Arbeitsvertrag und somit mittelbar auch der Begriff des Arbeitnehmers maßgeblich. Diese Abgrenzung ist von großer Bedeutung, da, bis auf wenige Ausnahmen, das Arbeitsrecht keine Anwendung auf freie Mitarbeiter findet.
Auf freie Mitarbeiter finden arbeitsrechtliche Bestimmungen zum Kündigungsschutz, Urlaubstagen, Sozialversicherung und andere schutzrechtliche Vorschriften aufgrund ihrer rechtlichen Selbstständigkeit keine Anwendung. Arbeitnehmer genießen einen umfassenden Rechtsschutz und sind in Themen, wie Rente, Arbeitslosigkeit und Krankheit, sozial abgesichert. Dies trifft auf freie Mitarbeiter nicht zu, denn diese müssen ihre Sozialabgaben selbst planen und erbringen, denn die Selbstständigkeit erfordert eine selbstständige Finanzvorsorge.
(1) 1Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. 2Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. 3Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. 4Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. 5Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. 6Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Diese Norm wurde erst im Jahr 2017 in das BGB eingeführt und fasst die wesentlichen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts über das Arbeitsverhältnis und die Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen. Nach § 611a Absatz 1 Satz 1 BGB ist somit Arbeitnehmer, wer durch einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen steht und in persönlicher Abhängigkeit zur weisungsgebundenen und fremdbestimmten Arbeit verpflichtet ist.
Für die Abgrenzung des freien Mitarbeiters vom Arbeitnehmer ist das Kriterium der persönlichen Abhängigkeit ausschlaggebend. Hiernach ist eine dienstleistende Person als Arbeitnehmer einzuordnen, wenn er aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags zur Leistungserbringung verpflichtet ist, in der Erbringung dieser Leistung an die Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist und hierbei in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist. In diesem Fall liegt eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vor und die freie Mitarbeit ist ausgeschlossen, denn unterliegt der Leistende einem Weisungsrecht, welches sich meist auf die Durchführung und Art der Tätigkeit bezieht, kann keine selbstständige und freie Arbeit wie die des freien Mitarbeiters angenommen werden. Demnach fallen freie Mitarbeiter nicht unter die Kategorie der klassischen Arbeitnehmer; sie sind vielmehr arbeitnehmerähnliche Personen.
Arbeitnehmerähnliche Personen sind, anders als Arbeitnehmer, zwar persönlich unabhängig von Dritten, doch weisen sie eine wirtschaftliche Abhängigkeit auf, wodurch sie auch nicht als Unternehmer eingeordnet werden können. Sie erbringen ihre Leistungen nur gegenüber auftraggebenden Unternehmen, werden hierbei jedoch nicht in dessen Betriebsorganisation eingegliedert und arbeiten ohne die Mithilfe von dritten Personen.
Oftmals auch als Freelancer-Vertrag bezeichnet, sind es der Dienstvertrag nach § 611 BGB oder der Werkvertrag nach § 631 BGB, welche die vertragliche Grundlage für freie Mitarbeiter bilden. Mit dem Freelancer-Vertrag regeln der Auftraggeber und der freie Mitarbeiter ihre geschäftliche Beziehung und bestimmen die Konditionen, unter denen die Leistung erbracht und im Gegenzug vergütet werden soll. Neben der Vergütung und der Rechten und Pflichten der Parteien sollte der Freelancer-Vertrag auch Regelungen zur Vertragsdauer, Geheimhaltung, Haftung und Nutzungsrechte beinhalten.
Ein bekanntes Risiko, das die freie Mitarbeit in sich bringt, ist die Scheinselbstständigkeit, bei der große Vorsicht geboten ist.
Eine Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn die dienstleistende Person als rechtlich selbstständig eingestuft und behandelt wird, dies aber nicht mit seiner tatsächlichen Leistungserbringung im Einklang steht. Das bedeutet, dass der Erwerbstätige wie ein abhängig Beschäftigter im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses arbeitet, nach außen aber den Rechtsschein der Selbstständigkeit erweckt.
Nach § 7 Absatz 1 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist die Beschäftigung eine nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Sollte durch die Deutsche Rentenversicherung oder anderen Institutionen eine Scheinselbstständigkeit festgestellt werden, so hat dies Auswirkungen in vielen Bereichen, wie zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträgen, Bußgeldern und Strafen, steuerlichen Nachforderungen, bis hin zur Rufschädigung und dem Verlust der Selbstständigkeit. Das wird nicht zuletzt damit begründet, dass der Betroffene, also der ursprüngliche freie Mitarbeiter, seine Arbeitnehmerstellung rückwirkend vor Gericht einklagen kann. So muss der Auftraggeber rückwirkend bis zu vier Jahren, bei Vorsatz bis zu 30 Jahren, die fehlenden Sozialversicherungsbeiträge für die Kranken-, Pflege-, Renten und Arbeitslosenversicherung zahlen, ebenso der Betroffene, von dem unterbliebene Beiträge gefordert werden können. Neben der fahrlässigen oder vorsätzlichen Herbeiführung der Scheinselbstständigkeit, könnte sich der Auftraggeber auch wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) strafbar gemacht haben, welches neben der fahrlässigen oder vorsätzlichen Herbeiführung der Scheinselbstständigkeit auch strafrechtliche Folgen hat. Bei ersterem kann es zur möglichen Beteiligung des Betroffenen an der Rückzahlung kommen. Auch ist an eine mögliche Nachzahlung der Lohnsteuer zu denken, da freie Mitarbeiter steuerlich anders gestellt sind als Arbeitnehmer.
Die Deutsche Rentenversicherung bietet die Möglichkeit eines Statusfeststellungsverfahrens im Sinne des § 7a SGB IV an. Im Zuge dieses Verfahrens können sowohl Auftraggeber als auch freie Mitarbeiter in Erfahrung bringen und feststellen lassen, was für ein Verhältnis zwischen den Parteien vorliegt.
Im Freelancer-Vertrag sollten nähere Angaben und genaue Bestimmungen enthalten sein, die die Selbstständigkeit des freien Mitarbeiters unterstreichen und darstellen, dass dieser unabhängig vom Auftraggeber ist. Angaben, wie dass die Leistung nicht im Betrieb des Auftraggebers erbracht wird, keine festen Arbeitszeiten bestehen und der freie Mitarbeiter eigene Arbeitsmittel nutzt, sind hilfreich und betonen die persönliche Unabhängigkeit des freien Mitarbeiters.
Freie Mitarbeiter können im Rahmen ihrer Selbstständigkeit zeitgleich für mehrere Auftraggeber tätig sein und sind grundsätzlich an keine Arbeitszeiten oder -orte gebunden. Sie sind unabhängig von Weisungen und arbeiten nach ihrem eigenen Zeitmanagement. Dass hierbei aber auch selbst an die Sozialabgaben gedacht werden muss, sollte man sich vor Augen halten; ebenso verhält es sich mit anderen Arbeitnehmerrechten, wie Kündigungsschutz, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder auch Urlaubsgeld – hiervon können freie Mitarbeiter grundsätzlich keinen Gebrauch machen.
Die freie Mitarbeit bringt auch für auftraggebende Unternehmen Vorteile mit sich. Sie können nicht nur Sozialabgaben und andere Fixkosten sparen, sondern auch von flexiblen Einsätzen profitieren, ohne dass diese unter den Kündigungsschutz fallen. In einigen Bereichen ist es oftmals auch profitabel, externe Experten zu beauftragen. Aber auch hier gibt es Nachteile: Neben Datenschutz- und Geheimhaltungsproblematiken, kann es auch zu Engpässen bei der Verfügbarkeit von freien Mitarbeitern kommen. Insbesondere kurzfristige Einsätze können schwer vermittelbar sein und sehr kostspielig enden.
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