Rechtsanwalt & Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
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Seit in Kraft treten des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes (MaMoG) am 14.1.2019, sollte die Frage, welchen Kriterien ein Gütesiegel gerecht werden muss, kein Thema mehr sein. Und dennoch gab es am 23.08.2018 eine Entscheidung des BGH zu eben dieser Frage.
Geklagt hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Beklagter war ein Industrieverband zur Förderung von Kleb- und Dichtstoffen. Entsprechend eigener Richtlinien vergab der Beklagte sein Gütesiegel. Geklagt wurde, weil der Kläger hier von einer Irreführung des Verbrauchers ausging. Der Kläger vertrat die Meinung ein Gütesiegel sei von einer unabhängigen, objektiven und neutralen Stelle zu vergeben. Die Anforderungen des Beklagten hinsichtlich seines Sigels seien jedoch missverständlich und daher irreführend. Die Vorinstanz erachtete die Klage als unbegründet, dagegen ging der Kläger im Wege der Berufung vor.
Bei einem Gütesiegel handelt es sich um eine Kennzeichnung eines Produkts. Diese Kennzeichnung gibt Aufschluss darüber, welchen Qualitätsstandards ein Produkt entspricht oder zum Beispiel auch, welche Sicherheitsanforderungen eingehalten wurden oder welche Umwelteigenschaften vorliegen. Man kann Sie auch Gütezeichen oder Qualitätssiegel nennen. Als ein gutes Beispiel sagt vermutlich jedem das „Bio“-Zeichen etwas. Ein solches Gütesiegel soll dem Verbraucher positive Informationen über die Qualität oder sonstige Beschaffenheitsmerkmale zur Verfügung stellen.
Problematisch bei der Anwendung von solchen Gütesiegeln ist seit jeher, dass es keine gesetzlichen Regeln über ihre Aussagekraft, ihren Informationsgehalt oder sonstiges gibt. Dennoch überprüft die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ob ein Gütesiegel irreführend auf Verbraucher wirkt. Grundsätzlich war dies noch bis vor kurzem zu bejahen, wenn ein Gütesiegeln nicht den Vorgaben des RAL Deutschen Instituts für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. entsprach. Inzwischen hat jedoch der BGH in 2019 entschieden, dass Gütesiegel, die diesen Standards nicht entsprechend dennoch nicht irreführend für den Verkehrsteilnehmer sind. Es gibt bereits zahlreiche Beispiele, unter anderem das „Baumwollsiegel“, deren Qualitätskriterien zum Beispiel ohne eine Beteiligung von neutralen Dritten bestimmt worden sind und damit nicht den genannten Vorgaben entsprechen würde. Zudem sei an vergleichbare Kennzeichnungen innerhalb des Unionsrecht keine so hohen Anforderungen gestellt.
Jeder von uns stellt gewisse Erwartungen an ein Gütesiegel. Um diesen allgemeinen Erwartungen der Verbraucher an ein Gütesiegel gerecht zu werden, ist es notwendig, dass über die gesamte Dauer der Nutzung des Siegels bei einem Produkt oder einer Dienstleistung die Einhaltung von den jeweiligen Standards überwacht und überprüft wird. Dies geschieht in der Regel durch die Stelle, die auch Anfangs das Siegel verleiht.
Seit dem 1.10.2017 besteht zudem eine Anmeldepflicht einer Unionsgewährleistungsmarke und seit dem 14.1.2019 selbiges für deutsche Gewährleistungsmarken. Diese Gewährleistungsmarken dienen jedoch lediglich der Lizenzierung einer Marke an Dritte, welche die Bedingungen der Gewährleistungsmarke einhalten.
Grundsätzlich gilt ein Gütesiegel gem. § 5 I 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dann als unlautere Handlung, wenn eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen wurde, die gerade dafür geeignet ist. Den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu bewegen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Gem. § 5 I 2 Nr. 1 UWG ist eine Geschäftshandlung dann irreführend, wenn sie unwahre Angaben über entscheidende Merkmale der Ware oder Dienstleistung enthält, zu denen Vorteile, Risiken, Beschaffenheit oder die Ergebnisse von Tests zählen. Sollte es zu einem Verfahren bzgl der Zulässigkeit eines solchen Gütesiegels kommen und zudem bei einem Pflichtverstoß die Widerholungsgefahr das Verfahren mitbegründen, aber ein Verstoß gegen etwaige Pflichten zu verneinen ist, so ist auch eine Widerholungsgefahr auszuschließen.
Um ein scheinbares Gütesiegel auf etwaige Irreführungen hin zu überprüfen, ist zu untersuchen, ob die Bezeichnung des entsprechenden Zeichens eine zur Täuschung geeignete Angabe im Sinne des § 5 I 2 Fall 2 UWG war, also eine fehlplatzierte und demnach irreführende Bezeichnung als Siegel. Ein Siegel als geschäftliche Handlung ist dann irreführend im Sinne des § 5 I UWG, wenn das Verkehrsverständnis, also die Verbraucherauffassung, nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmt.
"Das UWG regelt das Marktverhalten der Unternehmen und entspricht daher Vorschriften, die in anderen Rechtsordnungen etwa als „Marktrecht“ oder „Recht der Geschäftspraktiken“ („trade practices law“) bezeichnet werden. Es ist ein Teil des Lauterkeitsrechts,"
(Quelle: wikipedia.de)
Eine Irreführung im Sinne des § 5 I 1 und 2 Fall 2 Nr.1 UWG kann zudem auch vorliegen, wenn die Prüfeinrichtung nicht über die notwendige Neutralität verfügt. Die Neutralität der jeweiligen Institution lässt sich zum Beispiel daran festmachen, wie eine Qualitätsprüfung vorgenommen wird, aber auch daran, wie die Vergabe- und Überwachungspraxis gestaltet wird. Soweit die vergebende Stelle eine Überprüfung an einen externen Prüfer übergibt, kommt es selbstverständlich auf dessen Neutralität an. Grundsätzlich obliegt es allerdings ausschließlich der vergebende Stelle zu entscheiden, welche Prüfkriterien anzuwenden sind. Dennoch können aber betroffene staatliche Stellen und fachkundige Institutionen bei der Vergabe der Siegel und der Definierung der Prüfkriterien beratend zur Seite stehen, zwingend ist dies jedoch nicht.
Um entscheiden zu können, ob die Überprüfungsvoraussetzungen aufgrund von objektiven und aussagekräftigen Kriterien entschieden wurden, ist es notwendig, dass die angesetzten Kriterien öffentlich für jedermann zugänglich sind.
Manch einer mag an der Objektivität einer Vergabe- und/ oder Prüfungseinrichtung zweifeln, wenn das Siegel mitunter nur gegen Entgelt verliehen wird. Hier bezieht der BGH klar Stellung. Dem Entgelt wird keine ausschlaggebende Bedeutung im Hinblick auf die Objektivität der Stelle zugemessen.
Insgesamt hat der BGH entschieden, dass die Vergabe von Gütesiegeln diversen Kriterien zu entsprechen hat. Dazu gehört mitunter auch ein eindeutiger Hinweis über die Qualität des Produkts oder der Dienstleistung. Die Vergabekriterien müssen zudem auch öffentlich erkennbar sein und außerdem auf die Qualitätseinhaltung überprüft werden können. Eine Irreführung des Verbrauchers ist immer dann zu verneinen, wenn alle Kriterien erfüllt sind.
Ein Prüfzeichen gibt preis, welche sicherheitsrelevanten Eigenschaften auf ihre Einhaltung geprüft wurden. Die sprachliche Unterscheidung zum Prüfzeichen (oder Prüfsigel) ist nicht festgelegt, eine Abgrenzungsmöglichkeit ergibt sich daraus, dass Gütezeichen eine besondere Gebrauchsqualität darstellen sollen, während Prüfzeichen eher auf die geprüfte Einhaltung von sicherheitsrelevanten Eigenschaften hinweisen. Teilweise ergeben sich auch Überschneidungen beider Zielrichtungen.
Beide Arten von Kennzeichnungen haben jedoch gemeinsam, dass sie beweisen, dass ein neutraler Dritter mit entsprechender Kompetenz die vorausgesetzten Kriterien auf ihre Erfüllung hin objektive geprüft hat. [BGH GRUR 2016,1076 Rn. 39 = WRP 2016, 1221 – LGA tested]
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